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Nachfolge-Strategie: Warum das beste Unternehmen das ist, das man behalten könnte

Nachfolge-Strategie: Warum das beste Unternehmen das ist, das man behalten könnte

Am liebsten 65-jährige!

„Am liebsten sind uns die 65-jährigen CEOs und Eigentümer, die ihr Unternehmen verkaufen wollen. Unter sechzig nehmen wir generell kein Mandat an.“ Selten begegnet man einer derart pointierten Zielgruppendefinition. Zugegeben, es klingt ziemlich kompromisslos, wie dieser M&A-Berater seine Traumkunden beschreibt.

Aus seiner Warte macht das durchaus Sinn. Je näher der CEO und Eigentümer dem Rentenalter kommt, desto größer wird der Handlungsdruck. Beim Kaufpreis gehen die Meinungen bekanntlich immer auseinander – erst recht beim eigenen Lebenswerk. Fehlt jedoch der zeitliche Druck für einen baldigen Verkauf, platzen Deals gerne auch kurz vor dem Ziel. Das passiert häufiger bei den Unter-60-Jährigen, die sich denken: „Dann mache ich eben noch fünf Jahre weiter.“

Soweit nachvollziehbar? Was für den M&A-Berater strategisch clever ist, erweist sich für CEO und Eigentümer als wenig vorteilhaft. Kurz vor Rente verengt sich der Handlungsspielraum dramatisch. Dann bleibt meist nur der Verkauf als Option. Aber ist das wirklich die optimale Lösung? Für alle Beteiligten? Für Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter?

Ein Blick auf die M&A-Aktivitäten im Mittelstand zeigt: Neben der Digitalisierung zählt die Nachfolge zu den häufigsten Auslösern für eine Transaktion. Grund genug, das Thema genauer unter die Lupe zu nehmen und zentrale Fragen zu klären: Ist ein Verkauf überhaupt zwingend? Welche Alternativen existieren? Was sind die nächsten Schritte? Und wann sollte man starten?

Welche Beweggründe sprechen für den vollständigen oder teilweisen Verkauf des eigenen Unternehmens? Wann ergibt das strategisch Sinn? Widmen wir uns zuerst diesen beiden Fragen. Die folgenden Situationen, die in den vergangenen Jahren immer wieder aufgetreten sind, liefern Antwortmöglichkeiten.

Finanzierung – Transformation kostet Geld

Ohne entsprechende Finanzierung bleibt jede Transformation ein frommer Wunsch. Dabei geht es hier nicht um Unternehmen in akuten finanziellen Nöten oder gar in der Insolvenz. Deren Restrukturierung würde ebenfalls erhebliche Mittel erfordern, aber das ist ein anderes Kapitel – in einem anderen Artikel.

Nein, hier stehen Unternehmen im Fokus, denen es finanziell durchaus gut geht. Dennoch reicht der vorhandene Cash Flow häufig nicht aus, um notwendige oder sinnvolle Veränderungen zu stemmen. Die Situationen dafür sind vielfältig.

Da will sich ein Automobilzulieferer von Verbrennungsmotor-Komponenten verabschieden und auf Elektromobilität umstellen. Nicht jeder produziert schließlich nur Stoßfänger. Diese Portfoliometamorphose erfordert in der Regel neue Technologien für die es andere Expertise als bisher braucht. Abgerundet wird die Transformation mit neuen Produktionstechnologien. Das ist nicht nur ein großer mentaler Wandel, sondern vor allem ein sehr teurer.

Neue Produktionsstätten entstehen aus den unterschiedlichsten Gründen. Produktionsverlagerungen ins Ausland sind nur ein Motiv. Manchmal platzen die bestehenden Räumlichkeiten aus allen Nähten, Miet- oder Pachtverträge laufen aus, oder Auflagen zwingen zum Umzug. Je nach Projektumfang, parallelem Weiterbetrieb zur kontinuierlichen Kundenversorgung und möglichen Sozialplänen, wenn die Standorte zu weit entfernt liegen entstehen, erhebliche Finanzierungsbedarfe. Bei vollautomatisierten Produktionen bewegen sich die Summen schnell im hohen zweistelligen Millionenbereich – da wird selbst der erfahrenste CFO kurz nachdenklich.

Dazu kommen Branchen mitten in der Marktkonsolidierung. Oft fängt einer an, und alle anderen müssen zwangsläufig nachziehen. Um nicht als Verlierer dazustehen oder selbst „geschluckt“ zu werden, bleibt nur der aktive Erwerb von Wettbewerbern. Auch das funktioniert nicht ohne entsprechende Finanzierung.

Das sind nur einige Beispiele, die gut laufende Unternehmen vor erhebliche Finanzierungsherausforderungen stellen. Die einen Verkauf oder Teilverkauf zur Folge haben. Idealerweise holt sich das Unternehmen in solchen Situationen jedoch nicht nur einen Investor ins Boot, der lediglich das nötige Kapital mitbringt.

Skin in the game

Jetzt befindet sich das Unternehmen in der komfortablen Lage, dass die Finanzierung für anstehende Veränderungen gesichert ist; sei es durch einen nur moderate Transformations-Aufwand, ausreichenden Cash-Flow oder den spendablen Investor. Je nach Transformationsvorhaben reichen Geld und Führung jedoch nicht aus. Es braucht das passende Know-how und entsprechende Erfahrung.

Die Digitalisierung liefert hier das Paradebeispiel. Ohne die nötige Expertise wird es nahezu unmöglich, auch nur den ersten geeigneten Digital-Experten auszuwählen und zu gewinnen. Produktionsverlagerungen sind hochkomplex und voller Stolperfallen. Wer diese umgehen möchte, sollte sich die entsprechende Expertise ins Haus holen.

Da gab es vor einigen Jahren einen Baumarkt-Lieferanten – jahrzehntelang erfolgreich in Familienhand geführt. Man hätte durchaus noch einige Jahre so weitermachen können. Glücklicherweise erkannte die Familie rechtzeitig den Veränderungsbedarf im eigenen Unternehmen. Auch wenn alle Sales-Manager mit Smartphones ausgerüstet waren – der Vertrieb hing irgendwie noch in den 80ern fest. Fit-for-Future sieht definitiv anders aus.

Der Familie war auch bewusst, dass ihr selbst die Erfahrung für solche Unternehmensveränderungen fehlte. Von der internen Expertise ganz zu schweigen. Die Lösung? Sie verkaufte kurzerhand 50% der Anteile an einen Private Equity Fonds mit entsprechender Spezialisierung. So holten sie sich nicht nur Expertise und Erfahrung ins Boot – es kamen auch viele helfende Hände dazu, die den Transformationsprozess unterstützten. Nicht zu unterschätzen: Im Gremium saß nun ein Vertreter mit ausreichend Skin-in-the-Game, sodass man nicht auf halber Strecke umkehrte, nur weil es anstrengend wurde.

Mit gesicherter Finanzierung und dem passenden Mix aus Know-how und Erfahrung lässt sich jede erforderliche Transformation meistern, das Unternehmen nachhaltig zukunftsfähig aufstellen und nebenbei noch ordentlich zusätzlichen Wert generieren. Ist das bereits das Ende der Geschichte? Keineswegs – sie könnte durchaus noch weitergehen.

Stepwise Exit

Wer geschickt vorgeht und sich aus einem der beiden vorherigen Gründe einen Private Equity Investor ins Boot geholt hat, kann dessen Investitionslogik elegant für sich nutzen. Private Equity Fonds verkaufen ihre Portfoliounternehmen typischerweise nach einer Haltedauer von fünf bis sieben Jahren wieder. In diesem, dank Private Equity Erfahrung, meist professionell orchestrierten Verkaufsprozess lässt sich dann der vollständige Ausstieg aus dem eigenen Unternehmen und der Einstieg in die Rente realisieren.

Ein Dienstleistungsunternehmen mit ursprünglicher Me-Too-Strategie stand genau vor dieser Konstellation. Der Sprung in die Wachstumsphase wollte allein nicht gelingen. Der Gründer und Eigentümer plante seinen Rückzug in die wohlverdiente Rente für die kommenden 5-10 Jahre. In seinem damaligen Zustand war das Unternehmen allerdings kaum verkäuflich.

Rechtzeitig holte er sich einen professionellen Investor an Bord, der sowohl Know-how als auch Finanzierung für die anstehenden Veränderungen mitbrachte. Gemeinsam bereiteten sie das Unternehmen auf die Wachstumsphase vor und gingen die ersten Expansionsschritte an. Nach knapp sieben Jahren wurde das Unternehmen vollständig an den nächsten Investor veräußert, der sich sofort dem intensiven Wachstum widmen konnte. Happy End für alle Beteiligten.

Der geplante und rechtzeitige Teilverkauf stellte die Weichen für den vollständigen Exit. Der Private Equity Investor erhöhte den Druck auf den späteren Verkaufsprozess. Ein Zurück gab es nicht mehr.

Bevor hier der Eindruck entsteht, wir singen hier eine Lobeshymne auf Private Equity Investments im Mittelstand – in vielen Situationen ergibt das durchaus Sinn. Alle drei Szenarien zeigen überlegtes strategisches Handeln. In keinem Fall fällt die Entscheidung für einen Verkauf oder Teilverkauf fünf vor zwölf. Stattdessen hat sich vorher jemand umfassende Gedanken über die Zukunft des Unternehmens gemacht.

Und sonst? Ein Super Unternehmen?!

Hier landen Unternehmer also in der Situation, in der die Nachfolge nicht zehn Jahre im Voraus durchdacht, geplant und eingeleitet wurde – und auch strategische Visionen für das Unternehmen eher Mangelware sind. Dennoch soll der Exit für Gründer und CEO jetzt zeitnah erfolgen. Was bleibt? Verkauf „as-is“.

Das erinnert stark an den Gebrauchtwagenkauf „wie gesehen“. Denkt man an die Eingangsstory zurück, funktioniert das durchaus. Zumindest, wenn der Gründer und CEO ein gewisses Alter erreicht hat und der Exit-Druck entsprechend hoch ausfällt. Stimmt der Preis, findet sich in der Regel immer ein Käufer.

Im Infomemo ist dann von einem fantastischen Unternehmen mit unzähligen Zukunftschancen die Rede. Das etwas lapidare „fantastisch“ lässt sich durch unzählige andere Superlative ersetzen, die das Unternehmen in den Himmel loben. Dabei drängen sich eigentlich sofort ein paar kritische Fragen auf: Wenn so große Zukunftschancen existieren, warum wurde davon noch keine umgesetzt? Oder zumindest die Umsetzung gestartet? Und noch kritischer: Warum verkauft man ein Unternehmen, das so hervorragend dasteht?

Wenn es so gut läuft, dann kann man es doch auch eigentlich behalten. Ein solide aufgestelltes Unternehmen ließe sich problemlos über den Cash-Flow zur Rentenfinanzierung nutzen. Bevor man den Verkaufserlös in ein Aktienportfolio von Unternehmen steckt, deren Produkte und Strategien einem fremd sind, könnte man einfach Anteile an einem Unternehmen halten, das man aus dem Effeff kennt. Statt eines Aktienportfolios lassen sich schließlich auch Firmenanteile an die Kinder vererben.

Passiert das jedoch nicht, was verrät das über das Unternehmen? Was bedeutet das für die Organisation? Kurz gesagt: Es fehlt vermutlich das Vertrauen, dass es ohne Gründer und CEO wirklich gut weiterläuft. Schwierig.

Deshalb also erst mit fünfundsechzig verkaufen – dann schluckt man auch die bittere Pille der Erkenntnis. So hervorragend steht das Unternehmen dann doch nicht da, die Zukunft ist nicht so rosig, zu spät mit dem Denken an morgen begonnen. Der Wert ist nicht so hoch wie gedacht. Preisabschlag! Aber der Druck sitzt im Nacken, dann kommt der Deal auch zustande. Und alle sind glücklich…

Eine Art Carve-out vom CEO

Wenn noch Zeit bliebe, wenn der Verkäufer eben nicht über sechzig wäre, welche Optionen gäbe es dann? Manchmal bietet sich auch mit über sechzig noch die Chance, weitere fünf Jahre an Bord zu bleiben und die notwendigen Veränderungen voranzutreiben.

Was steht auf der Agenda? Im Kern ist es ganz simpel: Die Organisation so aufstellen, dass man sie mit gutem Gewissen auch behalten könnte. Das wäre im Grunde eine Art Carve-out vom Gründer und CEO. Das Unternehmen von ihm unabhängig machen. Sämtliche Verflechtungen zwischen Gründer und CEO auf der einen und der Organisation auf der anderen Seite auflösen.

Das bedeutet Prozesse umzustellen, sodass sie über die „normalen“ Verantwortlichen laufen – nicht mehr, weil es schon immer so war. Beim Recruiting entscheidet nicht mehr grundsätzlich Herr Meyer, sondern die zuständige Führungskraft; schließlich muss sie mit dem neuen Mitarbeiter leben und arbeiten. Die Preisgestaltung erfolgt nicht nach Tagesform von Herrn Meyer, sondern basierend auf einer klaren Preisliste und einem definierten Prozess.

Falls diese beschriebenen Führungskräfte gar nicht existieren? Dann schnell her damit – zügig eine Organisation aufbauen, die eigenständig Entscheidungen treffen und umsetzen kann. Eine nachhaltige Struktur, die den CEO entlastet und funktioniert, auch wenn er mal in Urlaub fährt, ohne dass das Unternehmen stillsteht.

Meist existieren viele implizite Regeln, Prozesse, Taktiken und Know-how-Schätze. Diese müssen – zumindest die wichtigen – explizit gemacht werden. Sie brauchen Dokumentation. Und ja, sie müssen transparent werden. Dann lässt sich auch leicht überprüfen, ob wirklich so gehandelt wird oder ob der Erfolg vielleicht ganz woanders steckt.

Vorbereitung ist alles. Das wird Zeit brauchen. Das Positive daran? Der Gründer und CEO hat enormen Einfluss darauf. Je schneller er loslassen kann und der Organisation die Chance zur Emanzipation gibt, desto zügiger geht es voran. Da taucht sie wieder auf, die Vertrauensfrage. Aber wenn man der Organisation nicht vertrauen kann, solange man selbst als CEO an Bord ist, dann wird man ihr auch nicht vertrauen, wenn jemand anderes das Ruder übernimmt. Alleine wird der neue CEO die Welt schließlich auch nicht retten.

Am Ende bleibt es eine strategische Fragestellung

Wer nicht kurz vor knapp der bitteren Wahrheit ins Auge blicken möchte, muss sich also früher hinsetzen und – weniger für sich selbst als für das Unternehmen – die Frage beantworten: Wie sieht eine Zukunft aus, wenn man selbst in Rente gegangen ist?

Ist eine Zukunft mit einem anderen CEO denkbar? Das könnte durchaus auch jemand aus der Familie sein. Viel entscheidender aber: Ist so viel Vertrauen in die Organisation vorhanden, dass man im Zweifel die Anteile einfach behalten kann? Erfordert die Zukunft umfangreiche Veränderungen oder gar eine fundamentale Transformation, für die es einen finanziellen und strategischen Partner braucht?

Es bleibt letztendlich eine strategische Fragestellung. Mit der sollte man sich frühzeitig auseinandersetzen; nicht erst zwölf Monate vor dem geplanten Renteneintritt. Und das sollte explizit geschehen. Bei Unternehmen, die (noch) diese hohe Abhängigkeit vom Gründer und CEO aufweisen, gehört das in die Strategie hinein. Sicher nicht gleich bei der Unternehmensgründung, aber etwa zehn Jahre vor dem geplanten oder erwarteten Ruhestand.

Dann haben auch Kunden, Lieferanten und Mitarbeiter die Gewissheit, dass an ihre Zukunft und die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens gearbeitet wird. Am Ende bleibt es eine strategische Fragestellung, die aber besser am Anfang gestellt wird.

Digitalisierung im Mittelstand: Gekauft ist noch nicht gemacht

Digitalisierung im Mittelstand: Gekauft ist noch nicht gemacht

Digitalisierung – einfach kaufen!

Organisch ist die Digitalisierung des deutschen Mittelstands nicht möglich. – Diese prägnante Aussage fiel vor ein paar Monaten auf einer Konferenz. Im Prinzip würde das bedeuten, die dafür notwendigen Kompetenzen selbst aufzubauen und die Organisation auf der sprichwörtlichen grünen Wiese hin zur Digitalisierung zu entwickeln.

Theoretisch ist das durchaus möglich, keine Frage. Man beginnt damit, zwei oder drei wirklich gute Leute einzustellen. Doch hier wartet bereits die erste große Hürde: Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Welche Top-Talente entscheiden sich für eine Organisation, die sie zunächst ausbilden und erziehen müssen? Selbst wenn man all diese Hürden meistert, wird es ein sehr langer Weg.

Welche Alternative gibt es? Wenn der organische Weg nicht funktioniert – oder einfach zu lange dauern würde –, bleibt die anorganische Lösung. Das war auch der Ansatz, der auf der besagten Konferenz propagiert wurde. Also kaufen wir einfach die „Digital-Bude“ – eine Art weißen Ritter, der alles zum Guten wendet. Suchen, kaufen, fertig.

Das wäre dann also die Lösung für die Digitalisierung des deutschen Mittelstands. Sie lässt sich natürlich auch auf das Thema generative Künstliche Intelligenz anwenden – sowie auf viele weitere, mehr oder weniger erforderliche Transformationen.

Ganz richtig: Bei der Digitalisierung einer Organisation handelt es sich um eine echte Transformation. Die Organisation soll anschließend digital(er) sein, digital(er) denken und digital(er) handeln. Das ist weit mehr als nur ein paar neue Prozesse. Es geht um neue Perspektiven, Denkweisen, Logiken und Glaubenssätze.

Signing erledigt – und jetzt?

Ist es mit der Akquisition dann getan? Passiert die gewünschte Entwicklung von ganz allein? Das wäre einfach. Wahrscheinlich ist das der Grund, warum es so oft genau so versucht wird – übrigens nicht nur bei der Digitalisierung, sondern auch bei vielen anderen Akquisitionszielen. Ist die Tinte trocken, wird der Vertrag abgeheftet und die Akte ins Archiv gelegt. Fertig. Zu schön, um wahr zu sein.

Nehmen wir als Beispiel unseren deutschen Mittelständler, der übrigens Bohrer für Spezialanwendungen herstellt. Das kann er richtig gut. Nun hat er so eine „Digital-Bude“ gekauft, die wiederum sehr coole Apps programmiert. Wenn nach dem Signing – oder auch nach dem Closing – außer einer kleinen Ansprache und ein paar neuen Kugelschreibern nicht viel mehr passiert, wird sich auch nicht viel verändern.

Dann bleibt alles beim Alten. Die einen stellen weiterhin ausgezeichnete Spezialbohrer her, und die anderen bleiben die hippen Digitals. Kein Austausch, keine Zusammenarbeit, keine Veränderung. Immerhin: Solange beide einfach weitermachen können wie bisher, geht zumindest nichts kaputt.

Es könnte schlimmer kommen…

Ja, leider. Zum Beispiel, wenn der Käufer – die mit den Bohrern – versucht, der „Digital-Bude“ seine Prozesse überzustülpen. Wenn plötzlich die gleichen Einkaufsbedingungen für alle gelten: Wer braucht schon Spezial-Hardware oder digitale Flipcharts? Normale Notebooks und alte Flipchart-Blöcke reichen doch auch – davon liegen ohnehin noch genug im Lager. Oder wenn auf einmal dieselben Kernarbeitszeiten (08:30–16:00 Uhr) und Präsenzpflichten für alle gelten. Wer braucht schon regelmäßige Videokonferenzen mit dem Silicon Valley oder mit China? Dass die „Digital-Bude“ in diesem Szenario Schaden nimmt, versteht sich von selbst.

Es braucht also mehr als nur eine gut gemeinte Ansprache nach der Akquisition. Es braucht ein Umdenken – sowohl bei der Mannschaft mit den Bohrern als auch bei den hippen Digitals. Sie müssen sich verstehen und voneinander lernen.

Going back in Time – Industrie 4.0

Warum ist gerade die Digitalisierung eine so umfassende Veränderung? Vor vielen Jahren haben wir einen Automobilzulieferer bei einer umfassenden Restrukturierung unterstützt. Gegen Ende aller organisatorischen Umbaumaßnahmen kam der Wunsch auf, in der Produktion ein Manufacturing Execution System (kurz MES) einzuführen, um sich auf den Weg Richtung Industrie 4.0 zu machen. Doch nach einer so weitreichenden Veränderung braucht eine Organisation zunächst Zeit zur Konsolidierung. Das „Neue“ muss sich setzen und in die Routinen übergehen. Der Zeitpunkt war also schon mal eher ungünstig.

Industrie 4.0 bedeutet, dass entlang der gesamten Wertschöpfungskette Informationen in Echtzeit zwischen Kunden, eigener Produktion und Lieferanten ausgetauscht werden. Dafür muss die eigene Organisation zwingend datengetrieben und digital arbeiten. Die Installation von Hard- und Software in der Produktion ist zwar sehr cash-intensiv, aber eine vergleichsweise kleine technische Voraussetzung.

In dieser Organisation war „digital“ zu diesem Zeitpunkt fast noch ein Fremdwort. Der Alltag des Managements war von schweren Unterschriftenmappen geprägt, die zwischen mehreren Standorten hin und her gefahren wurden. Reisekostenabrechnungen wurden noch von Hand auf speziell angefertigten Briefumschlägen erstellt, in die die Belege eingelegt wurden.

Hier lag der eigentliche transformatorische Schritt: Aus einer Organisation, die mit physischen Belegen und Dokumenten arbeitet, eine zu machen, die digital und datengetrieben denkt und handelt. Sonst käme beispielsweise vom Kunden in Echtzeit eine Lieferplanänderung, die vor Ort erst einmal ausgedruckt wird, um anschließend intern verteilt zu werden. Erst dann könnten Produktion, Logistik und Einkauf reagieren – und HR wüsste womöglich immer noch nicht, dass nächste Woche mehr Personal in der Produktion benötigt wird.

Digitalisierung kann nicht top-down verordnet werden

Was macht Digitalisierung so anders als andere Veränderungsprogramme? Warum kann man nicht einfach das Ziel festlegen, den Weg vorzeichnen und den Startschuss geben? Die digitale Denkweise ist (noch) nicht vorhanden. Auf diesem Auge ist die Organisation (noch) blind. Also kann auch keine (digitale) Lösung vorgegeben werden. Oft ist nicht einmal das Problem klar identifiziert, für das es die digitale Lösung braucht. Hierfür muss die Organisation zunächst ertüchtigt – besser: transformiert – werden.

Top-down-Vorgaben funktionieren also nicht. Wie geht es dann? Diese Transformation kann nur von innen heraus gelingen. Die Organisation muss Schritt für Schritt an „digital“ herangeführt werden – für den einen Teil sind diese Schritte größer, für den anderen kleiner. Menschen müssen Erfahrungen sammeln und Erlebnisse haben, damit sich die digitale Denkweise entwickeln kann.

Die Mitarbeitenden der „Digital-Bude“ helfen dabei, diese Erfahrungen zu ermöglichen und die neue Denkweise zu transportieren. So lernen die einen, digitaler zu denken, und die anderen, wie ein Hersteller von Spezialbohrern zu agieren. Es entsteht eine Organisation, die digital denkt und handelt, Probleme erkennt, digitale Lösungen entwickelt und diese auch umsetzen kann.

Post Merger Integration – Der Katalysator

Digitalisierung lässt sich nicht einfach vorgeben, planen und top-down steuern. Es gibt jedoch vieles, was man tun kann, damit sie gelingt. Vor allem braucht es den passenden Rahmen für die Transformation – und organisierte gemeinsame Erfahrungen und Erlebnisse.

Die klassische Post-Merger-Integration mit ihrer Mission „zusammenwachsen durch zusammen wachsen“ ist dafür ideal. Durch die gemeinsame Bearbeitung überschaubarer Aufgaben – und davon gibt es nach einer Akquisition viele – entstehen gemeinsame Erfolgserlebnisse. Alte Organisationsgrenzen werden überwunden, Menschen kommen in Interaktion und lernen voneinander.

Es braucht eine klar formulierte Vision für diese besondere Akquisition. Eine Vision, die „Digitalisierung“ beschreibt, nicht nur ein konkretes neues Produkt – denn es geht um weit mehr. Diese Vision inspiriert die ersten Pioniere beider Organisationen, Kontakt zu suchen, zusammenzuarbeiten und Widerstände zu überwinden. Sie bietet Orientierung auf dem Weg der Transformation.

Die Akquisition der „Digital-Bude“ ist der Turbo auf dem Weg zur Digitalisierung. Doch für die wesentlichen Schritte – die Transformation der Organisation – gibt es keinen Shortcut. Die Post-Merger-Integration ist der Katalysator, der den Prozess in Gang hält.

Mit agilen Prinzipien zum Akquisitionsziel

Mit agilen Prinzipien zum Akquisitionsziel

Der Agile Albtraum des Paul M.

Paul war überzeugt: Diesmal wird alles anders. Kein starres Gant-Chart, keine endlosen Excel-Tabellen, keine Wasserfall-Logik von gestern. Sein PMI-Projekt – ein mittelgroßer, aber politisch heikler Merger – wird agil. Mit Daily Stand-ups, Backlog Groomings und natürlich: Re-priorisierungen „on the fly“. Paul las gerade Scrum für Dummies, als das erste Thema kippte.

Die Integration des Vertriebsteams, eigentlich „Top Priority“, wurde vertagt – „weil Finance gerade lauter schreit“. Zwei Wochen später verschob HR den Onboarding-Prozess, „weil das Target-System noch nicht angebunden ist“. Und als Paul in Sprint 3 feststellte, dass keines der Teams mehr wusste, woran das andere arbeitet, beschloss er, die Retrospektive zur Krisensitzung umzuwidmen.

Das Einzige, was sich regelmäßig bewegte, war die Prioritätenliste. Dafür blieb die Timeline konstant: verspätet. Paul lächelte tapfer durch das tägliche Chaos, klammerte sich an agile Manifeste – und wünschte sich insgeheim nichts sehnlicher als einen ehrlichen, altmodischen Projektplan. Mit Meilensteinen, Deadlines und bitte, bitte: Klarheit darüber, wer wann was zu tun hat.

Agil ist gut. Aber vielleicht nicht hier? Nicht jetzt? Nicht so?

Agile Projektprinzipien – jenseits von Post-Its und Stand-ups

Agile Projektprinzipien und insbesondere Frameworks wie Scrum sind keine bloßen Werkzeuge oder Methoden. Sie sind Denkmodelle. Ihre Grundlagen bilden unter anderem die drei Säulen kontinuierlicher Verbesserung: Transparenz, Überprüfung und Anpassung; das Agile Manifest, die zwölf agilen Prinzipien sowie die fünf Scrum-Werte: Engagement, Fokus, Offenheit, Respekt und Mut.

Diese Prinzipien und Werte bilden einen flexiblen Rahmen, wie (Software-Entwicklungs-)Projekte umgesetzt werden können. Dahinter stehen zwei zentrale Ideen. Iterativ-inkrementelles Vorgehen, um Veränderungen und externe Einflüsse besser aufgreifen zu können, und Fokus auf den Kundennutzen, um Ergebnisse mit dem höchsten Mehrwert zu liefern.

Zum agilen Rahmen gehören unter anderem die Rollen Product Owner und Scrum Master, die Artefakte Product Backlog und Sprint Backlog sowie die Ereignisse Sprint, Daily Scrum, Sprint Review und Sprint Retrospective. Die ursprünglich aus der Software-Entwicklung stammenden Konzepte dürfen jedoch nicht einfach unverändert übernommen werden. Sie benötigen eine Übersetzung in die Welt von Mergers & Acquisitions und Post Merger Integration.

Integration Backlog – Was wirklich zählt

Was soll erreicht werden? Diese zentrale Frage wird in der Softwareentwicklung meist über den Kundennutzen beantwortet. Doch wer ist bei einer Post Merger Integration eigentlich der Kunde?

Bei einem so komplexen Vorhaben wie einer Post Merger Integration gibt es nicht nur viele, sondern auch sehr unterschiedliche Kundengruppen. Um die Begriffsverwirrung zu vermeiden, sprechen wir besser von Stakeholdern. Zu diesen zählen die üblichen Verdächtigen: Eigentümer, Mitarbeitende beider Unternehmen (einschließlich Geschäftsführung oder Vorstand), (Regulierungs-)Behörden wie etwa Finanzämter, Lieferanten, Finanzierer und nicht zuletzt die „echten“ Kundinnen und Kunden der Unternehmen.

Das sind in der Tat viele, und genau das erklärt, warum eine Post Merger Integration als so komplex gilt. Unterschiedliche Stakeholder bringen unterschiedliche Bedürfnisse mit, die berücksichtigt werden müssen. Der Integration Backlog füllt sich entsprechend schnell mit vielfältigen Zielen aus dem Bereich Housekeeping, aber auch mit den dealspezifischen Zielen der Value Creation.

Der Integration Backlog enthält nicht die einzelnen Arbeitsschritte. Stattdessen führt er Ziele auf, die erreicht werden sollen. Ziele, die sich klar aus den Bedürfnissen der Stakeholder ableiten lassen. Folgt man einer Priorisierung dieser Bedürfnisse, können auch die Einträge im Integration Backlog entsprechend priorisiert werden.

Diese Priorisierung orientiert sich in der Regel an vorgegebenen Meilensteinen, etwa Berichtspflichten, Messeauftritten oder den Zielen aus der Deal-Story. Und: Diese Priorisierung ist nicht allgemeingültig, sondern immer situations- und akquisitionsspezifisch.

Schon am Day One enthält der Integration Backlog eine Vielzahl an „Must-Dos“. Die gute Nachricht, sie müssen nicht alle sofort erledigt werden. In vielen Fällen hat sich eine Einteilung nach der Logik First 10 Days, First 30 Days, First 100 Days, Beyond 100 Days bewährt, um schnell zu clustern und den Fokus auf die Umsetzung zu richten.

Der Integration Backlog ist kein statisches Dokument. Das entspricht einem der Grundprinzipien agiler Projektarbeit. Elemente können im Verlauf des Projekts ergänzt, entfernt oder neu priorisiert werden. Auch die ursprüngliche Gewichtung kann sich mit der Zeit verändern. Der Vorteil dieses Denkmodells für die komplexe Post Merger Integration: Man kann schnell starten und direkt in die Umsetzung gehen – ohne zuvor alles bis ins kleinste Detail durchgeplant haben zu müssen.

Integration Sprint – Oder ist es ein Marathon?

Die klassische Post Merger Integration gleicht eher einem Marathon als einem Kurzstreckenlauf. Bis eine Integration vollständig abgeschlossen ist, vergehen nicht selten 18 Monate oder mehr. Vielleicht sollte man die Post Merger Integration sogar mit einem Ultralauf vergleichen, mit Distanzen von 100 Kilometern und mehr.

Die Idee, in kurzen Abständen Ergebnisse zu erzielen und kleine Erfolge feiern zu können, ist nur eine der Überlegungen hinter dem Konzept des Integration Sprints – aber im Hinblick auf das Prinzip „Zusammenwachsen durch zusammen wachsen“ eine besonders zentrale. Denn so werden erste Früchte der gemeinsamen Arbeit bereits nach kurzer Zeit sichtbar und nicht erst nach vielen Monaten. Die Menschen und Organisationen wachsen so Schritt für Schritt ein Stück weiter zusammen.

Ein Integration Sprint dauert in der Regel zwei bis vier Wochen. Die exakte Dauer wird jeweils im Vorfeld festgelegt. Und genau hier zeigt sich ein weiterer Vorteil des Ansatzes. Dieser überschaubare Zeitraum lässt sich viel einfacher und verlässlicher planen. Eine vollständige Planung über sechs, neun oder gar zwölf Monate hinweg ist hingegen wesentlich aufwändiger und deutlich ungenauer. Auch der Einsatz verfügbarer – insbesondere interner – Ressourcen lässt sich innerhalb dieses kurzen Rahmens besser einschätzen und effizienter steuern.

Auf diese Weise kommt man schneller in die gemeinsame Aktivität. Durch die hohe kurzfristige Planungssicherheit entstehen weniger Abweichungen vom Plan, was wiederum die Zufriedenheit im Integrationsteam erhöht. Und wieder wächst man wächst ein Stück weiter zusammen.

Während eines Integration Sprints können sich die Teammitglieder voll und ganz auf die anstehenden Themen und konkreten Ergebnisse konzentrieren. Anforderungen und Prioritäten bleiben während dieser Phase konstant. Und dank der Kürze des Sprints können neue Priorisierungen bis zum nächsten Sprint warten, ohne in die laufenden Aktivitäten einzugreifen.

Zentrale Elemente eines Integration Sprints sind der Integration Review und die Integration Retrospective am Ende des jeweiligen Sprints sowie das Integration Daily, das wie der Name schon sagt täglich stattfindet.

Integration Review – Mehr als Abhaken

Transparenz und Feedback sind zentrale Prinzipien agiler Projekte. Im Integration Review werden sie systematisch verankert. Am Ende jedes Sprints berichten die Teammitglieder, was sie erreicht haben. Der PMI Owner und die Stakeholder geben Rückmeldung zu den präsentierten Ergebnissen.

Auf diese Weise werden die „Kundinnen und Kunden“ der Integration regelmäßig eingebunden und bleiben über die aktuellen Themen und Fortschritte informiert. Das Integrationsteam erhält wertvolle Hinweise darauf, ob die Integration in die richtige Richtung verläuft, ob die erreichten Ergebnisse den Erwartungen der Stakeholder entsprechen und ob womöglich zu weit oder nicht weit genug integriert wurde.

Alle Beteiligten bleiben durch die hohe Frequenz der Integration Reviews kontinuierlich in den Integrationsprozess eingebunden. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Ergebnissen verhindert ein reines Task-Tracking – eine typische Falle klassischer Großprojekte, bei der lediglich das Abarbeiten von Aufgaben im Vordergrund steht, ohne die Ergebnisse inhaltlich zu hinterfragen. Im Integration Review werden zudem neue oder zusätzliche Anforderungen identifiziert und bei Bedarf direkt in den Integration Backlog aufgenommen.

Integration Retrospective – Internal Only

Neben dem „externen“ Format des Integration Review ist die Integration Retrospective eine „interne“ Veranstaltung. Sie richtet sich ausschließlich an das Integrationsteam und findet ebenfalls am Ende jedes Sprints statt. Vereinfacht gesagt werden dabei zwei zentrale Fragen reflektiert. Was ist im aktuellen Sprint gut gelaufen? Und was sollte im nächsten verbessert werden?

Dabei geht es nicht um die Arbeitsergebnisse, sondern um die Zusammenarbeit im Team. Im Fokus stehen der Umgang miteinander, die Kommunikation sowie die Zusammenarbeit innerhalb des Integrationsteams. Eine weitere wichtige Dimension der Retrospective ist die Interaktion mit Stakeholdern und anderen Personen außerhalb des Teams. Hatte das Integrationsteam ausreichend Gelegenheit, sich auf die relevanten Themen zu konzentrieren oder war es zu sehr durch äußere Einflüsse abgelenkt?

Gerade hier sind der Integration Master und der PMI Owner gefragt. Sie tragen die Verantwortung dafür, den nötigen Rahmen zu schaffen, damit das Team effektiv arbeiten kann.

Die Integration Retrospective dient nicht nur der operativen Verbesserung der Projektarbeit, sie fördert auch das kulturelle Verständnis zwischen den beteiligten Organisationen. Denn wenn offen über die Zusammenarbeit gesprochen wird, treten kulturelle Unterschiede ganz automatisch zutage. Durch die regelmäßige Auseinandersetzung damit, und die gemeinsame Überlegung, wie man mit diesen Unterschieden umgehen will, entsteht kulturelle Integration quasi als Nebenprodukt.

Integration Daily – Jeden Tag!

Bleibt noch das zentrales Element Integration Daily. Wie der Name schon sagt, findet es täglich statt. Es handelt sich dabei um ein kurzes Koordinationstreffen der Mitglieder des Integrationsteams. Ziel ist es, Transparenz zu schaffen. Alle wissen, woran die anderen aktuell arbeiten. Abhängigkeiten werden aufgedeckt und geklärt, Hindernisse identifiziert und es kann gezielt um Unterstützung gebeten werden.

Gerade in der Frühphase der Integration, zur Vorbereitung auf den Day One und in den ersten Tagen danach empfiehlt sich die tägliche Durchführung des Integration Daily ausdrücklich. In dieser Phase treten immer ungeplante oder unvorhergesehene Herausforderungen auf, sodass diese kurze Abstimmung einen spürbaren Effektivitätsgewinn bringt.

Im weiteren Verlauf des Projekts kann die Frequenz des Integration Daily angepasst werden, etwa auf zwei- bis dreimal pro Woche oder, bei entsprechend geringerem Abstimmungsbedarf, auf ein Integration Weekly. Besonders nach den ersten 100 Tagen, wenn die Teammitglieder nicht mehr überwiegend in die Integrationsarbeit eingebunden sind, sollte der Rhythmus des Daily Meetings dem jeweiligen Projektverlauf sinnvoll angepasst werden.

PMI Owner – Einer für Alle

Jede Integration braucht jemanden, der ihren Wert (er)kennt und Verantwortung für ihren Erfolg übernimmt. Das ist die Rolle des PMI Owners. Häufig werden für diese Funktion operativ verantwortliche Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder als Projektleitung der Post Merger Integration benannt. Das ist möglich, in der Praxis jedoch stoßen wir regelmäßig an die Grenzen dieses Ansatzes.

In der agilen Welt ist der Product Owner – in unserem Fall der PMI Owner – die Person, die die geschäftliche Perspektive des Projekts im Blick behält. Im Kontext einer Post Merger Integration bedeutet das: die Integration in die Unternehmensstrategie und Akquisitionsziele zu übersetzen und umgekehrt. Der PMI Owner stellt also die Verbindung zwischen den Integrationsaktivitäten und der übergeordneten strategischen Vision der Akquisition her.

Dementsprechend ist der PMI Owner auch verantwortlich für die Priorisierung des Integration Backlogs und für die Festlegung der Sprint-Ziele. Diese orientieren sich an strategischen Vorgaben, Akquisitionszielen sowie externen Meilensteinen, etwa Berichtspflichten oder regulatorischen Fristen.

Während eines Sprints steht der PMI Owner dem Integrationsteam als Sparringspartner zur Seite, um offene Fragen schnell zu klären. Das hat den Vorteil, dass das Team nicht auf Feedback aus Steering Committees oder andere Eskalationsrunden warten muss. Der Sprint bleibt dadurch fokussiert und effizient.

Das setzt allerdings voraus, dass der PMI Owner ständig für das Integrationsteam verfügbar ist. Und genau hier zeigt sich ein Zielkonflikt, die operativ verantwortlichen Geschäftsführer sind immer stark in das Tagesgeschäft eingebunden, so dass ihre kontinuierliche Verfügbarkeit für die Integration unmöglich ist. Deshalb greift die Idee, diese Führungspersonen als PMI Owner einzusetzen, in der Praxis häufig zu kurz.

Integration Master – Die echten PMI Expertinnen und Experten

Neben dem PMI Owner, der die Verbindung zur Unternehmensstrategie und zu den Akquisitionszielen hält, sind der oder die Integration Master die zentrale Fachpersonen für die Post Merger Integration. Sie wissen genau, wie Zusammenwachsen gelingt und welche Housekeeping-Themen typischerweise zu bearbeiten sind.

Integration Master sind Möglichmacher, Transformationsagenten, Moderatorinnen und Moderatoren – und mitunter auch Mediatorinnen oder Mediatoren. Sie vernetzen die verschiedenen Workstreams, beseitigen Blockaden innerhalb der Teams und sorgen für reibungslose Zusammenarbeit über Teamgrenzen hinweg. Während der PMI Owner vor allem die „Außenwelt“ außerhalb des Integrationsteams im Blick hat, sind die Integration Master innerhalb des Teams aktiv, als treibende Kraft und operative Unterstützung.

Nicht zuletzt spielen sie eine zentrale Rolle bei der kulturellen Integration. Ihre Erfahrung aus zahlreichen Post Merger Integration Projekten und anderen Transformationen macht sie zu Schlüsselfiguren, wenn es darum geht, unterschiedliche Unternehmenskulturen zusammenzuführen.

Agil in der Post Merger Integration?

Ja – aber sinnvoll. Nicht, weil es gerade „hip“ ist. Agilität ist kein Allheilmittel. Doch gerade bei Projekten vom Kaliber eines Ultralaufs, wie es eine Post Merger Integration häufig ist, hilft das Sprint-Prinzip, den Fokus zu bewahren und die verfügbaren Ressourcen gezielt einzusetzen.

Überträgt man die Werte des Agilen Manifests auf die Post Merger Integration, ergibt sich folgendes Bild.

Individuen und ihre Interaktion stehen über Prozessen und Werkzeugen. Genau das fördert das Zusammenwachsen der Menschen beider Organisationen. Alte Grenzen werden überwunden – eine neue, gemeinsame Organisation entsteht.

Funktionierende Organisation steht über umfangreicher Prozessdokumentation. Der Fokus liegt auf echter Zusammenarbeit und Funktionalität innerhalb einer (neuen) Organisation, nicht auf Schein und Schattenprozessen.

Zusammenspiel mit der Unternehmensstrategie und den Akquisitionszielen steht über der reinen Erstellung von Projektplänen. Die Integration wird nicht zum Selbstzweck durchgeführt, sondern ist die Basis für die Erreichung der Akquisitionsziele.

Reagieren auf Veränderungen steht über dem strikten Befolgen eines Plans. Ziel ist eine resiliente und nachhaltige neue Organisation, die nicht nur die geplanten Ziele erreicht, sondern sich darüber hinaus weiterentwickeln kann.

Die formalen agilen Elemente – von der klaren Zielsetzung im Sprint über das tägliche Integration Daily bis hin zu Integration Review und Integration Retrospective – schaffen einen verbindlichen Rahmen, der zugleich Raum für Fokus und Konzentration ermöglicht. PMI Owner und Integration Master stellen sicher, dass dieser Rahmen eingehalten wird und wirksam bleibt.

Die Rolle der IT in Buy & Build Projekten

Die Rolle der IT in Buy & Build Projekten

Märchenstunde mit Systemstau

Der Hase sprintet – doch der Igel sitzt bereits am Ziel. Der Hase ist nicht nur völlig außer Atem, sondern auch außer sich vor Ärger. „Mir macht das nichts“, sagt der Igel nur, „ich bin schon hier.“ So wiederholt sich das ganze Spiel dreiundsiebzigmal. Doch beim vierundsiebzigsten Mal schafft es der Hase nicht mehr bis ins Ziel.

Die Geschichte kennen wir – sie klingt zwar märchenhaft, ist aber dennoch wahr, zumindest laut den Brüdern Grimm. Es gibt zwar nur wenige Buy & Build Cases, bei denen tatsächlich 74 Add-ons integriert werden. Doch was, wenn diesmal nicht die IT der Hase ist, sondern selbst die Rolle des Igels schlüpft?

IT in Buy & Build: Der unterschätzte Engpass

In den meisten Fällen sitzt die IT nicht von Beginn an mit am Tisch, wenn im Rahmen der Due Diligence das Target analysiert wird – selbst dann nicht, wenn sie maßgeblich zur Wertschöpfung beiträgt, wie etwa im Bereich Financial Services.

Wie oft wird die IT aus Management-Präsentationen herausgehalten, weil sie kritische Fragen stellt? Weil sie nach dem Budget für die IT-Integration fragt? Weil ihre abgesicherten Migrationspläne den gesamten Deal zu verzögern drohen?

Dann kommt der Day One – und es gibt keinen Plan für die IT-Integration, kein Budget für die erforderliche Datenmigration und keine zusätzlichen Kapazitäten für den dafür notwendigen Aufwand. „Das kann warten. Ist ja nicht so dringend.“

Ein paar Monate später folgt die Ernüchterung: Die Ziele der Akquisition wurden verfehlt. Das angestrebte Cross-Selling bleibt aus. Der gegenseitige Zugriff auf Produkte und Kundendaten ist zu umständlich und zeitintensiv.

Woran liegt das? Wenn Schnittstellen schlecht oder gar nicht definiert sind, passen die Daten im Prozess nicht zusammen. Informationen müssen doppelt, dreifach – oder vierundsiebzigfach – gepflegt werden. So entsteht ein idealer Nährboden für jede Menge Schatten-IT.

Das ist nicht nur ineffizient wegen des hohen Mehrfachaufwands – von den qualitativen Einbußen ganz zu schweigen. Es ist auch ein Grund für Ineffektivität, verpasste Innovationschancen und verzögerte Produkteinführungen. Mit anderen Worten: ein Verlust an Wertschöpfung. Willkommen im Märchenwald der verlorenen Integrationschancen.

Was IT leisten könnte, wenn man sie lässt

Beginnen wir mit einem klassischen No-Brainer: Die Datenharmonisierung lässt sich bereits vor dem Closing anstoßen. Dabei müssen keine Daten ausgetauscht werden – was regulatorisch ohnehin meist untersagt ist –, aber es ist möglich, sich über Formate und Anforderungen an die Datensätze abzustimmen und die vorhandenen Informationen entsprechend vorzubereiten.

Frühzeitig zu starten bedeutet nicht nur, früher fertig zu sein, sondern im weiteren Verlauf auch weniger Doppelarbeit. Ab dem Zeitpunkt der Abstimmung können neue Daten direkt „richtig“ eingepflegt werden. So entsteht sofort mehr Kapazität für echte Wertschöpfung – etwa durch zusätzliche Cross-Selling-Aktivitäten.

Die Stimme der IT ist oft kritisch. Das ist so. Und in diesem Satz fehlt bewusst das Wort „leider“. Denn die IT trägt die Verantwortung, komplexe Prozesse digital zu unterstützen und zu automatisieren – möglichst schnell, möglichst reibungslos, möglichst fehlerfrei.

Für diesen Anspruch muss sie zwangsläufig auf Details achten. Sie braucht den Blick für Ausnahmesituationen – auch wenn diese selten auftreten. Doch früher oder später passiert es, meist ohne Vorwarnung.

Diese kritische Haltung sollte man nicht verteufeln. Die IT – in der Rolle des Advocatus Diaboli – erkennt Stolpersteine. Und wenn man sie lässt, entwickelt sie Lösungen, um diese Hindernisse rechtzeitig aus dem Weg zu räumen.

Eine IT, die ständig Feuerwehr spielen muss, ist damit beschäftigt, bereits entstandene Probleme zu beheben und hinterher aufzuräumen. Was dann oft fehlt, ist die Zeit, um in Ruhe über tragfähige Lösungen für komplexe Herausforderungen nachzudenken.

Kreative Hacks lassen sich nicht erzwingen – und schon gar nicht übers Knie brechen. Manchmal genügt es, der IT einfach eine Woche mehr Zeit und den nötigen Freiraum zu geben, um mit einer durchdachten nachhaltigen Lösung aufzuwarten. Das spart am Ende nicht nur Zeit, sondern meist auch Geld.

Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits am Day One elektronisch miteinander vernetzt sind, fördert das das Zusammenwachsen entscheidend. Jeder kann jede und jeden finden und ansprechen – über Standort- oder Unternehmensgrenzen hinweg, dank E-Mail und Videokonferenz.

Voraussetzung ist allerdings, dass Kontaktdaten leicht auffindbar sind. Muss man erst mühsam nach den E-Mail-Adressen im Target suchen, unterbleibt die Einladung zum Meeting womöglich ganz.

Ein gegenseitiger Zugriff auf die Intranets unterstützt auch die kulturelle Integration. So lassen sich Einblicke in die „Anderen“ gewinnen, Unterschiede wahrnehmen und Gemeinsamkeiten entdecken.

Die IT kann Brückenbauer zwischen Alt und Neu sein. Vieles ist möglich, wenn man sie frühzeitig einbindet – und ihr den notwendigen Freiraum gibt. Das gilt im Grunde für jede Integration.

Buy & Build braucht Built-to-Buy

Buy & Build entfaltet sein volles Potenzial nur auf einer tragfähigen Plattform. Dafür braucht es eine leistungsfähige Organisation mit effizienten, stabilen Prozessen – und das wiederum setzt ein solides IT-Fundament voraus: eine modulare, skalierbare IT-Applikationslandschaft.

Dazu gehört Vorbereitung – und vor allem ein frühzeitiges Einbinden der IT in die strategischen Überlegungen zur Buy & Build Strategie. Ist die IT nicht „built to buy“, fehlt das Fundament, auf dem alles aufbaut. Und selbst der kreativste Plattformarchitekt erschafft in diesem Fall kein belastbares Konstrukt, sondern ein fragiles Konglomerat, das früher oder später einstürzt.

Geht es dann nicht nur um „more of the same“, reichen skalierbare Prozesse allein nicht mehr aus. Umso wichtiger ist es, dass auch Modularität von Anfang an mitgedacht wird. Wie sollen KI-Agents zentrale Prozesse übernehmen, wenn die Datenbasis nicht konsistent ist? Wenn zum Beispiel in einem Unternehmen Bohrlöcher in Zentimetern angegeben werden – und im anderen in Zoll?

Eine IT, die tief in die Prozesse eingebunden ist und ein ausgeprägtes Verständnis für das Geschäft mitbringt, kann zusätzliche Synergiepotenziale erschließen – nicht nur zur Effizienzsteigerung, sondern auch für Wachstum und Innovation.

Eine „built to buy“ IT kennt ihre Applikationslandschaft wie aus der Westentasche – und hat auch die Hoheit über Anpassungen und Erweiterungen. Hätte der Igel die Karte nicht gekannt – wie hätte er dann vor dem Hasen am Ziel sein können?

Der Igel ist kein Besserwisser. Er hat einfach früher angefangen

Die IT ist nicht langsam – sie ist gründlich. Wer möchte schon, dass auf der Rechnung der falsche Mehrwertsteuersatz steht oder dass ein Kunde die falsche Lieferung erhält, nur weil beide Empfänger zufällig Meyer heißen?

Eine mögliche Lösung für die Rolle der IT in Buy & Build Projekten liegt – ganz märchenhaft – in Buxtehude. Das Märchen „Dat Wettlopen twischen den Hasen un den Swinegel up de lütje Heide bi Buxtehude“ (Brüder Grimm, 1843) liefert die Idee: Wie kann der Igel immer schon am Ziel sein?

Ganz einfach: Er ist an beiden Stellen gleichzeitig. Ein Teil der IT sorgt für den stabilen Betrieb der bestehenden Systeme („run the platform“), während ein anderer Teil die Plattform aktiv weiterentwickelt und von Anfang an in M&A-Transaktionen eingebunden ist („build & integrate the platform“).

Der regelmäßige Austausch zwischen beiden Teams ist essenziell. Nur so lernen sie voneinander und entwickeln die Plattform kontinuierlich weiter. „…und beide gingen vergnügt miteinander nach Hause: und wenn sie nicht gestorben sind …“

In Buy & Build Projekten entscheidet nicht die Geschwindigkeit des ersten Zukaufs – sondern die Konsistenz des vierten. Wer bis dahin keine belastbare Plattform aufgebaut hat, rennt zwar mit hoher Geschwindigkeit – aber eben im Kreis. Und bricht irgendwann erschöpft zusammen.

Und die IT?
Die war schon da –
wenn man sie rechtzeitig fragt.

Künstliche Intelligenz in der Post Merger Integration

Künstliche Intelligenz in der Post Merger Integration

Post Merger Integration am Strand

pmiGPT: Guten Morgen, Peter, Was kann ich für Dich tun?
Wenn ich mir die Meilensteine unseres letzten Targets ansehe und deine E-Mail-Kommunikation zu den Closing-Conditions berücksichtige, dann müsste das Closing in den nächsten Tagen anstehen.
Wollen wir uns nicht einmal mit dem Day One beschäftigen?

Peter: Bitte erstelle mir den vollständigen Ablaufplan für den Day One. Berücksichtige dabei unser übliches Vorgehen und sieh dir auch die letzten Kommunikationen mit dem Betriebsrat des Targets an.

pmiGPT: Ich mache mich gleich an die Arbeit, Chef.

Peter: Ach so, ich hätte beinahe etwas vergessen. Ich brauche natürlich auch die Skripte für die Ansprachen, die Präsentationen und meine Moderationskarten mit den wichtigsten Stichworten.

pmiGPT: Selbstverständlich, sobald ich den Ablaufplan fertig habe, mache ich gleich damit weiter.

Während Peter an seinem Cappuccino nippt, überlegt er, dass sein Avatar den Job am Day One eigentlich auch übernehmen könnte – dann könnte er seine Workation noch um drei Tage verlängern…

Zukunftsmusik oder bald Realität?

Zurück aus den Träumen. Zumindest noch sind es Träume.

Obwohl Künstliche Intelligenz bereits in jeder fünften M&A-Transaktion eingesetzt wird (BAIN, M&A Insights, März 2025), betrifft das in großem Stil vor allem den Transaktionsprozess – also die Phase vor der Signing. Nach dem Signing beziehungsweise Closing ist der Einsatz von KI bislang noch überschaubar.

Ganz abgesehen davon, dass ein Avatar für die Ansprache am Day One vielleicht Peters persönliche Work-Life-Optimierung unterstützt – auf das Wohlwollen der neuen Mitarbeiter*innen zahlt er definitiv nicht ein.

Künstliche Intelligenz hilft uns schon heute an vielen Stellen, manuellen Aufwand deutlich zu reduzieren. Generative KI eröffnet dabei völlig neue Möglichkeiten und wird in den kommenden Monaten und Jahren noch einmal spürbar an Bedeutung gewinnen.

Noch ist das Szenario aus dem Intro Zukunftsmusik. Wie lange das so bleibt, hängt maßgeblich von Kreativität und Experimentierfreude ab. Technologie muss genutzt werden, um sich weiterzuentwickeln – und am Anfang steht das Ausprobieren.

Damit genau das ein bisschen leichter fällt, werde ich hier einige Use Cases und Ideen teilen. Die heutzutage absoluten No-Brainer (schriftliche) Kommunikation lektorieren lassen oder passgenaue Bilder zur Unterstützung der Kommunikation erstellen, sparen ich mir.

Supplier Screening Support

Überall dort, wo es Daten gibt – am besten sogar viele Daten – lässt sich Künstliche Intelligenz hervorragend einsetzen und bringt enorme Effizienzgewinne. Deshalb hat sie besonders in der Transaktionsphase, insbesondere in der Due Diligence, zahlreiche Anwendungsfelder gefunden.

Wir können die KI mit sämtlichen Lieferantenverträgen füttern und sie gezielt nach „kritischen“ Passagen suchen lassen. So sparen wir nicht nur viel Zeit, die wir sonst mit Lesen verbracht hätten – wir können auch direkt mit den von der KI priorisierten „Red Flags“ starten und zum Beispiel Risiken durch die Change-of-Control-Klausel minimieren. Schließlich möchte niemand von seinen Lieferanten die Nachricht erhalten: „Schön, dass Sie unser Kunde waren – bis gestern.“

Ähnliche Ansätze funktionieren in allen Bereichen, in denen viele Verträge oder große Datenmengen vorhanden sind. Im Vertrieb betrifft das die Kundenverträge, in HR die Vergütungsvereinbarungen und vieles mehr. Selbstverständlich bleiben dabei der Datenschutz und die DSGVO gewahrt, sofern bei der Auswahl des KI-Modells, des Hostings und den diversen Einstellungen der KI bestimmte Grundlagen beachtet werden.

Reorganisation – Fertig am Day One

Jetzt machen wir einen Schritt in die Zukunft. Nach der Akquisition sollen die Buchhaltungen – ich mag diese traditionelle Bezeichnung, passt gut in unsere modern Diskussion – beider Unternehmen zusammengelegt werden. Dabei geht es nicht nur darum, einen Standort und eine Führungsebene einzusparen, sondern auch um eine Modernisierung – mit agilen Prozessen und mehr Schlagkraft.

Zu diesem Thema gibt es zahlreiche Artikel im Internet sowie Best Practices von großen, mittleren und kleinen Beratungshäusern. Warum also nicht all diese Organigramme und Konzepte in unser pmiGPT einspeisen? Ergänzend fügen wir die Organigramme unserer beiden Buchhaltungen sowie die Wachstumspläne der kommenden Jahre hinzu. Und natürlich vergessen wir nicht weitere relevante Rahmenbedingungen bereitzustellen.

Dann wird uns pmiGPT Vorschläge für die Struktur der neuen Buchhaltung liefern – inklusive einer Beschreibung sowie einer Analyse der jeweiligen Vor- und Nachteile. Dabei werden in einem Schritt die optimalen Führungsspannen berücksichtigt und, wer weiß, vielleicht sogar die Sternzeichen in den Teams berücksichtigt – für eine besonders energetische Zusammenarbeit.

Wenn die Mitarbeiter*innen dann am Day One ins Büro kommen, stehen sie vor der großen Tafel mit der neuen Sitzordnung – fast wie bei einer Hochzeitsfeier.

Puh! Vielleicht ist das doch etwas zu viel Automatisierung und Fremdbestimmung. Aber einige dieser Ansätze steigern die Effizienz erheblich und sind längst keine Zukunftsmusik mehr.

Avatare für die Accounting Standards

Nach unserem Ausflug in die Zukunft zurück zu etwas, das heute schon möglich ist. Am Day One gibt es besonders für die Mitarbeiter*innen des Targets viel Neues zu lernen – von der Parkplatz- und Kantinennutzung über die Buchung von Besprechungsräumen bis hin zu den Accounting Standards der Käuferin.

All das könnte man natürlich in einem klassischen How-to-Katalog festhalten. Aber das wäre ziemlich vorgestern. Schon seit Jahren werden Lerninhalte in Videos verpackt, in denen jemand den Stoff einfach nur herunterbetet. Mit KI geht das schon heute deutlich besser.

Lassen wir doch einen Avatar die Inhalte vermitteln. Dank der KI-Erfahrung kann er dabei sogar pädagogische Tricks anwenden, um das Lernen zu erleichtern. Die Digitalisierung eröffnet hier zahlreiche Möglichkeiten. Dokumente und Videos lassen sich durchsuchen oder gezielt den relevanten Zielgruppen zuweisen.

Doch das ist erst der Anfang. Ändert sich eine Kleinigkeit – oder sogar etwas Größeres – kann der Avatar die Inhalte mit nur einem Klick anpassen. Früher musste dafür das gesamte Video neu gedreht und geschnitten werden.

Hier sorgt die KI nicht nur für mehr Effizienz und Effektivität, sondern steigert gleichzeitig auch die Qualität. Das Beste daran, das ist keine Zukunftsmusik – es funktioniert bereits heute. Und wer weiß, vielleicht wird durch die Einbindung unterschiedlicher Personen aus beiden Organisationen bei der Avatar-Erstellung sogar ein wichtiger Schritt zur kulturellen Integration getan.

Kulturelle Unterschiede sichtbar machen

Kulturelle Integration – das Stichwort für unseren nächsten Use Case. Ganz am Anfang der kulturellen Integration – und „Integration“ bedeutet hier nicht Anpassung – steht das gegenseitige Erkennen der Andersartigkeit. Der berühmte Elefant im Raum muss ins Rampenlicht gerückt werden.

Früher setzten wir dafür auf umfangreiche Prozesse. Zunächst Fragebögen, dann deren Auswertung und schließlich Workshops mit gemischten Teams aus beiden Organisationen. Am Ende stand die Visualisierung der kulturellen Unterschiede.

Ein aufwendiger Prozess, der nicht nur viel Zeit kostet, sondern auch erst nach Day One starten kann. Und bei all den wichtigen und dringenden Aufgaben, die nach dem Day One anstehen, musste sich die kulturelle Integration oft hintenanstellen.

Kultur zeigt sich besonders in der Kommunikation – auf der Webseite, in Stellenanzeigen, externen und internen Beiträgen (aka Posts) und sogar in E-Mails. Warum also nicht diese Informationen in eine KI einspeisen und sie die kulturellen Unterschiede analysieren lassen? Das ist längst möglich und wird bereits an anderen Stellen genutzt.

Damit haben wir einen Startpunkt für die Diskussionen über unterschiedliche Kultur in den Teams und mit den Führungskräften – und die kulturelle Integration ist in vollem Gang gesetzt. Ganz ohne tagelangen Aufwand für die Mitarbeiter*innen und vor allem ohne Verzögerung.

Culture Clash Meter

Nachdem wir die kulturellen Unterschiede mithilfe der KI analysiert und anschließend von den involvierten Menschen vergemeinschaftet lassen haben, ist der erste Schritt erfolgreich getan.

Im weiteren Management der kulturellen Unterschiede kommt es vor allem darauf an, zu erkennen, wann Diskussionen in Meetings oder Gesprächen auf das kulturelle Spielfeld wechseln – und dabei ihre Konstruktivität verlieren.

In größeren Meetings setzt man dafür oft Moderatoren ein. Mit ihrer Erfahrung und einem gezielten Briefing verfolgen sie die Diskussionen und greifen ein, wenn diese kulturell aus dem Ruder laufen.

Schon heute protokollieren Bots zahlreiche Meetings. Wenn die KI in der Lage ist, kulturelle Unterschiede zu analysieren, kann sie diese künftig auch direkt in laufenden Meetings erkennen – aktuell vermutlich noch mit etwas Zeitverzögerung.

Jetzt lassen wir die KI einfach einen Indikator berechnen. Je häufiger kulturelle Missverständnisse oder kulturell bedingte Diskussionen auftreten, desto höher steigt der Wert – und nimmt wieder ab, wenn sie seltener werden. Damit entsteht der Culture Clash Meter, der in jedem Meeting, jedem Video-Call und sogar in Telefonaten oder persönlichen Gesprächen eingesetzt werden kann.

Integration Path Optimization

Last but not least. Selbst wenn das Beispiel aus dem Intro heute noch nicht Realität ist, können wir der KI dennoch die Pläne der einzelnen Workstreams, Funktionen oder Teams zur Analyse übergeben. Diese ergänzen wir mit Informationen zu den jeweiligen Themen sowie übergeordneten Meilensteinen.

So lassen sich mithilfe der KI Abhängigkeiten erkennen, die wir bisher manuell herausgearbeitet haben. Die Teams erhalten dadurch wertvolle Impulse für Diskussionen und Interaktion – ein entscheidender Schritt, um zusammenzuwachsen, für den Erfolg der Post Merger Integration.

Was liegt vor uns?

Wie weit sind wir noch davon entfernt, dass die KI nicht nur den Plan für die Post Merger Integration erstellt, sondern auch minutiös vorgibt, was wann zu tun ist – und wer es erledigt? Wie lange wird es dauern, bis sie im nächsten Schritt diese Aufgaben dann direkt selbst übernimmt, ganz wie der Avatar bei der Day-One-Ansprache?

Die Anfrage würde sicherlich einige Stunden, vielleicht sogar Tage laufen – doch was ist das schon im Vergleich zu 100 Tagen Integration oder gar drei Jahren, bis wirklich jede Kleinigkeit erledigt ist?

Noch sind wir von diesem Szenario entfernt. Doch schon heute gibt es zahlreiche Möglichkeiten, KI gewinnbringend in der Post Merger Integration einzusetzen. Die Reifegrade dieser Use Cases sind unterschiedlich, und die möglichen Anwendungsbereiche längst nicht ausgeschöpft.

Parallele Integration – Hilfe bei Fusionitis

Parallele Integration – Hilfe bei Fusionitis

Warten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag

„Jetzt starten wir noch nicht mit der Integration. Es stehen noch weitere Add-ons in der Pipeline. In zwei Monaten wissen wir mehr.“ – So oder so ähnlich klingt es derzeit bei vielen CEOs, die auf eine Buy-&-Build-Strategie setzen.

Zwar wurden bereits einige Add-ons akquiriert, doch weitere Übernahmen stehen noch aus. Wenn man jetzt mit der Integration beginnt – wie geht man dann mit den nächsten Akquisitionen um? Die erste Integration ist noch nicht abgeschlossen, und schon steht das nächste Closing bevor.

Eine Möglichkeit wäre, die neue Akquisition parallel in den laufenden Integrationsprozess einzubinden. Oder man lässt das Unternehmen erst einmal in der Warteschleife kreisen. Doch wer früh startet, kann die Impulse künftiger Übernahmen noch gar nicht in den Prozess einfließen lassen.

„Jetzt zu starten, macht ja keinen Sinn.“ Oder? Am Ende wartet man dann doch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag.

Es ist keine Seltenheit

Buy-&-Build-Strategien sind heute fester Bestandteil vieler Private-Equity-Investments. Kein Wunder – die low-hanging fruits hängen hier besonders tief. Gemeint ist damit jedoch nicht die klassische Multiple-Arbitrage, die früher fast automatisch eintrat: Größeres Unternehmen, höheres Multiple.

Ein sich selbst verstärkender Effekt, der fast wie ein Perpetuum mobile oder ein Taschenspielertrick wirkte. Heute reicht das allein nicht mehr. Um das Multiple zu steigern, braucht es heute eine echte Integration – das Ausschöpfen von Synergien innerhalb der wachsenden Organisation. Ohne gezielten Einsatz von Ressourcen bleibt der gewünschte Effekt aus. Doch trotz des zusätzlichen Aufwands lohnt sich die Investition.

Damit stellt sich die entscheidende Frage: Wann sollte die Integration starten? Und wenn regelmäßig neue Unternehmen hinzukommen – wie lassen sie sich in einen noch laufenden Integrationsprozess einbinden?

Doch nicht nur Buy-&-Build-Strategien führen zu mehrfachen Akquisitionen. Auch klassische Wachstumsstrategien setzen heute sowohl auf organisches als auch anorganisches Wachstum – etwa durch Add-ons, also den Zukauf passender Unternehmen. Und das sind oft mehr als nur eins oder zwei.

Selbst Unternehmen, die keinen aktiven Expansionskurs verfolgen, stehen vor dieser Herausforderung. Die demografische Entwicklung sorgt für zahlreiche Nachfolgegelegenheiten, die sich kaum ignorieren lassen. Wer nicht zugreift, riskiert, dass ein Wettbewerber die Chance nutzt – und sich so einen entscheidenden Vorteil sichert.

Und plötzlich hat man in kürzester Zeit mehrere Unternehmen übernommen – und steht erneut vor der Frage: Wann beginnt die Integration?

Muss man wählen: Pest oder Cholera?

Die Situation ist klar: Die erste Integration läuft bereits, und ein weiteres Target kommt hinzu. Grundsätzlich gibt es zwei Optionen: Entweder wird das neue Unternehmen direkt in den laufenden Integrationsprozess eingebunden, oder die laufende Integration wird erst abgeschlossen, während das neue Target vorerst in der Warteschleife bleibt – bis es in einem zweiten Schritt integriert wird.

So weit, so schwierig. Die parallele Integration erhöht das Tempo, birgt jedoch das Risiko, die Stabilität im Prozess zu gefährden.

Ein kritischer Punkt kann zum Beispiel die Unternehmenskultur sein. Schon beim ersten Target gab es erhebliche Unterschiede zum Käufer: „Wir duzen uns.“ gegenüber „Wir nicht.“ Nun kommt ein dritter Player hinzu – mit einer völlig anderen Kultur. Beim dritten in der Runde stehen klare Verantwortlichkeiten und Hierarchien im Fokus, unabhängig davon, ob man sich duzt oder siezt.

Im ursprünglichen Integrationsprozess ließen sich kulturelle Differenzen noch gut managen – sie betrafen nur eine Dimension. Doch mit einem weiteren Unternehmen steigt die Komplexität: Wer vertritt welche Kultur? Und in welche Richtung soll sich die gesamte Organisation entwickeln?

Setzt man auf Stabilität nicht aufs Spiel und zieht die Integration des zweiten Targets erst später nach, gehen aber wertvolle Chancen verloren.

Ein Beispiel: Im Rahmen der Integration wird die gesamte IT-Applikationslandschaft überprüft. Aktuell fällt es den Beteiligten schwer, sich für ein Manufacturing Execution System (MES) – dem Nachfolger des Produktionsplanungssystems – zu entscheiden. Weder die Lösung des Käufers noch die des ersten Targets ist ideal. Doch eine Entscheidung muss her, damit die Integration voranschreiten kann. Also bleibt man bei der Variante des Käufers.

Das zweite Target hingegen hat erst vor einem Jahr ein integriertes MES erfolgreich implementiert. Es verfügt über wertvolle Betriebserfahrungen und identifizierte Optimierungen. Und das alles sauber und ordentlich dokumentiert; wir erinnern uns, das waren die mit den klaren Strukturen und Hierarchien.

Hätte man diese Erfahrung frühzeitig einfließen lassen, hätte das System noch weiter verbessert und zur optimalen Lösung entwickelt werden können. Doch mit dem sequenziellen Vorgehen ersetzt die zuvor gewählte suboptimale Lösung des Käufers die eigentlich bessere Alternative. Immerhin wurde bereits viel Zeit und Geld in die Migration investiert – eine erneute Anpassung erscheint kaum realistisch.

Mehr Stabilität – auf Kosten von Geschwindigkeit und Qualität.

Die Wahl zwischen paralleler Integration – mit höherem Tempo und mehr Optionen, aber weniger Stabilität – und sequenzieller Integration ist alles andere als trivial. Und selbst wenn die Entscheidung gefallen ist, bleibt die Integration ein Drahtseilakt.

Mit Playbook parallelisieren

Eine klassische Buy-&-Build-Strategie erleichtert die Entscheidung: Ein solides Plattformunternehmen mit stabilen, effizienten Prozessen dient als Basis, um einen stark fragmentierten Markt durch Zukäufe kleinerer Unternehmen zu konsolidieren. Das Zielbild – das Target Operating Model – wird einfach vom Plattformunternehmen übernommen.

Mit einem Playbook, das die einzelnen Schritte der Integration klar definiert, lassen sich mehrere Targets parallel und ohne unnötige Risiken integrieren. Zudem können Prozesse zeitlich versetzt starten. In einem solchen Playbook sind – thematisch oder funktional gegliedert – die Ziele und die dafür erforderlichen Maßnahmen beschrieben.

Durch sorgfältige Vorbereitung oder dokumentierte Erfahrungen aus früheren Integrationen lassen sich auch Zeitrahmen, Abhängigkeiten, Prioritäten und Meilensteine festlegen. Solche Meilensteine – die sich auch gezielt für interne Kommunikation oder besondere Events nutzen lassen – sind beispielsweise ein abgeschlossenes Rebranding, der Start der Produktion oder die Gewinnung neuer Kunden.

Eines meiner persönlichen Lieblingsbeispiele ist Mister Car Wash, eine US-amerikanische Kette von Autowaschstraßen. Mister – wie sich das Unternehmen selbst liebevoll nennt – wächst nahezu ausschließlich durch die Akquisition einzelner Waschstraßen oder kleinerer Ketten. Jede Integration folgt einem einheitlichen Playbook, das vom Umbau der neuen Standorte bis zur Mitarbeiterschulung in der unternehmenseigenen Academy reicht.

Ähnliche Playbooks finden sich auch bei (Re)Openings von Hotels. Neben dem Playbook selbst stehen dort oft spezialisierte (Re)Opening-Teams bereit, um das lokale Team in der Anfangsphase zu unterstützen. Dieser Support reicht von inhaltlichen Aspekten – das (Re)Opening-Team kennt das Zielbild und das Playbook in- und auswendig – bis hin zu zusätzlichen helfenden Händen für unerwartete Herausforderungen.

Gerade ein klar strukturierter Fahrplan schafft Raum, um auf die Besonderheiten der einzelnen Targets einzugehen. Immer wieder gibt es wertvolle Best Practices, die sich für die gesamte Gruppe übernehmen lassen. Diese werden dann ausgerollt und das Playbook entsprechend aktualisiert.

Denn diese Playbooks sind nicht in Stein gemeißelt. Sie werden regelmäßig überarbeitet – nicht grundlegend umgekrempelt, aber stets um die Erfahrungen aus den letzten Integrationsprozessen ergänzt.

Ohne Playbook – einfach zuhören

Wie sieht es am anderen Ende der M&A-Skala aus? Wenn weder ein Playbook noch umfangreiche Erfahrung mit Post Merger Integration vorhanden ist? Wenn das Zielbild der neuen Organisation nicht von Beginn an feststeht, sondern erst im Prozess entwickelt wird? Kann man dann ein weiteres Target sinnvoll in den laufenden Integrationsprozess einbinden?

Klar geht das. Schließlich gibt es regelmäßige Status- oder Steering-Committee-Meetings – Termine, in denen die Ergebnisse der laufenden Integration den relevanten Stakeholdern präsentiert werden. Hier wird diskutiert, ob es in Zukunft die gelbe oder die grüne Variante sein wird. Vertreter des neuen Targets sollten frühzeitig in diese Runden eingebunden werden. Sie sind relevante Stakeholder.

Die bereits getroffenen Entscheidungen zum Zielbild werden für das neue Target zunächst nicht direkt umgesetzt – das kann in einer zweiten Phase erfolgen. Doch ihr wertvoller Input kann schon früh berücksichtigt werden. Dieses Vorgehen hat zwei große Vorteile.

Zum einen fühlt sich das neue Target von Anfang an eingebunden. Seine Erfahrung und Expertise fließen in den Prozess ein, statt ignoriert zu werden. Gleichzeitig bleibt es nicht außen vor, sondern erhält direkten Einblick, wohin sich die Organisation entwickelt. So entsteht Transparenz im Integrationsprozess.

Zum anderen gehen wichtige Impulse des neuen Targets für strategische Entscheidungen nicht verloren. Denken wir an das Beispiel von oben. Bei der Wahl eines Manufacturing Execution Systems (MES) ist man nicht länger auf zwei suboptimale Varianten beschränkt. Stattdessen bringt das neue Target möglicherweise eine überlegene Lösung mit ein – die dann in die zukünftige IT-Applikationslandschaft integriert wird.

Vielleicht ergeben sich auf diesem Weg sogar zusätzliche interne Ressourcen. Anstatt teure Interimsmanager einzusetzen, können ungenutzte Kapazitäten des neuen Targets für den Integrationsprozess genutzt werden. Das spart nicht nur Kosten, sondern schafft auch direkte Berührungspunkte, die das Zusammenwachsen der Organisationen ermöglichen.

Es gibt immer einen Day One

Auch wenn die Integration des neuen Targets zeitlich nach hinten verschoben wird – der Day One findet trotzdem statt. Er markiert den Tag nach dem Closing, an dem der Käufer die vollständige Kontrolle über das neue Target übernimmt. Und an diesem Tag erwarten die Mitarbeitenden des neuen Targets neben der Begrüßung und eloquenten Ansprache des CEOs vor allem Orientierung. (Im letzten Artikel habe ich dazu meine Erfahrungen und Gedanken geteilt.)

Unabhängig davon, ob das neue Unternehmen sofort in den laufenden Prozess eingebunden oder erst später integriert wird – dieses entscheidende Ereignis darf nicht übergangen oder nur halbherzig gestaltet werden. Es verdient die gleiche Sorgfalt in der Vorbereitung und die gleiche Ernsthaftigkeit in der Durchführung.

Die Lösung? Fast egal

Wie so oft im Leben gibt es keine perfekte Lösung – vor allem dann nicht, wenn diese Bewertung bereits im Vorfeld durchgeführt werden muss. Doch die beiden hier beschriebenen Extremfälle liefern Orientierung und Anhaltspunkte für die eigene konkrete Situation.

Viele Wege führen nach Rom – und ebenso zur neuen, schlagkräftigen integrierten Organisation. Wichtiger als die perfekte Wahl ist es, eine klare Entscheidung zu treffen und konsequent den gewählten Weg zu verfolgen. Denn wer den Start der Integration bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag hinauszögert, verliert wertvolle Zeit.

Solange man dem neuen Target nicht ein Integration zweiter Klasse zugesteht, die neuen Mitarbeitenden transparent und authentisch informiert werden und sie so weit eingebunden sind, wie es die Situation zulässt – wird alles gut.

Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist die Integration noch nicht zu Ende.