Post Merger Integration am Strand
pmiGPT: Guten Morgen, Peter, Was kann ich für Dich tun?
Wenn ich mir die Meilensteine unseres letzten Targets ansehe und deine E-Mail-Kommunikation zu den Closing-Conditions berücksichtige, dann müsste das Closing in den nächsten Tagen anstehen.
Wollen wir uns nicht einmal mit dem Day One beschäftigen?
Peter: Bitte erstelle mir den vollständigen Ablaufplan für den Day One. Berücksichtige dabei unser übliches Vorgehen und sieh dir auch die letzten Kommunikationen mit dem Betriebsrat des Targets an.
pmiGPT: Ich mache mich gleich an die Arbeit, Chef.
…
Peter: Ach so, ich hätte beinahe etwas vergessen. Ich brauche natürlich auch die Skripte für die Ansprachen, die Präsentationen und meine Moderationskarten mit den wichtigsten Stichworten.
pmiGPT: Selbstverständlich, sobald ich den Ablaufplan fertig habe, mache ich gleich damit weiter.
…
Während Peter an seinem Cappuccino nippt, überlegt er, dass sein Avatar den Job am Day One eigentlich auch übernehmen könnte – dann könnte er seine Workation noch um drei Tage verlängern…
Zukunftsmusik oder bald Realität?
Zurück aus den Träumen. Zumindest noch sind es Träume.
Obwohl Künstliche Intelligenz bereits in jeder fünften M&A-Transaktion eingesetzt wird (BAIN, M&A Insights, März 2025), betrifft das in großem Stil vor allem den Transaktionsprozess – also die Phase vor der Signing. Nach dem Signing beziehungsweise Closing ist der Einsatz von KI bislang noch überschaubar.
Ganz abgesehen davon, dass ein Avatar für die Ansprache am Day One vielleicht Peters persönliche Work-Life-Optimierung unterstützt – auf das Wohlwollen der neuen Mitarbeiter*innen zahlt er definitiv nicht ein.
Künstliche Intelligenz hilft uns schon heute an vielen Stellen, manuellen Aufwand deutlich zu reduzieren. Generative KI eröffnet dabei völlig neue Möglichkeiten und wird in den kommenden Monaten und Jahren noch einmal spürbar an Bedeutung gewinnen.
Noch ist das Szenario aus dem Intro Zukunftsmusik. Wie lange das so bleibt, hängt maßgeblich von Kreativität und Experimentierfreude ab. Technologie muss genutzt werden, um sich weiterzuentwickeln – und am Anfang steht das Ausprobieren.
Damit genau das ein bisschen leichter fällt, werde ich hier einige Use Cases und Ideen teilen. Die heutzutage absoluten No-Brainer (schriftliche) Kommunikation lektorieren lassen oder passgenaue Bilder zur Unterstützung der Kommunikation erstellen, sparen ich mir.
Supplier Screening Support
Überall dort, wo es Daten gibt – am besten sogar viele Daten – lässt sich Künstliche Intelligenz hervorragend einsetzen und bringt enorme Effizienzgewinne. Deshalb hat sie besonders in der Transaktionsphase, insbesondere in der Due Diligence, zahlreiche Anwendungsfelder gefunden.
Wir können die KI mit sämtlichen Lieferantenverträgen füttern und sie gezielt nach „kritischen“ Passagen suchen lassen. So sparen wir nicht nur viel Zeit, die wir sonst mit Lesen verbracht hätten – wir können auch direkt mit den von der KI priorisierten „Red Flags“ starten und zum Beispiel Risiken durch die Change-of-Control-Klausel minimieren. Schließlich möchte niemand von seinen Lieferanten die Nachricht erhalten: „Schön, dass Sie unser Kunde waren – bis gestern.“
Ähnliche Ansätze funktionieren in allen Bereichen, in denen viele Verträge oder große Datenmengen vorhanden sind. Im Vertrieb betrifft das die Kundenverträge, in HR die Vergütungsvereinbarungen und vieles mehr. Selbstverständlich bleiben dabei der Datenschutz und die DSGVO gewahrt, sofern bei der Auswahl des KI-Modells, des Hostings und den diversen Einstellungen der KI bestimmte Grundlagen beachtet werden.
Reorganisation – Fertig am Day One
Jetzt machen wir einen Schritt in die Zukunft. Nach der Akquisition sollen die Buchhaltungen – ich mag diese traditionelle Bezeichnung, passt gut in unsere modern Diskussion – beider Unternehmen zusammengelegt werden. Dabei geht es nicht nur darum, einen Standort und eine Führungsebene einzusparen, sondern auch um eine Modernisierung – mit agilen Prozessen und mehr Schlagkraft.
Zu diesem Thema gibt es zahlreiche Artikel im Internet sowie Best Practices von großen, mittleren und kleinen Beratungshäusern. Warum also nicht all diese Organigramme und Konzepte in unser pmiGPT einspeisen? Ergänzend fügen wir die Organigramme unserer beiden Buchhaltungen sowie die Wachstumspläne der kommenden Jahre hinzu. Und natürlich vergessen wir nicht weitere relevante Rahmenbedingungen bereitzustellen.
Dann wird uns pmiGPT Vorschläge für die Struktur der neuen Buchhaltung liefern – inklusive einer Beschreibung sowie einer Analyse der jeweiligen Vor- und Nachteile. Dabei werden in einem Schritt die optimalen Führungsspannen berücksichtigt und, wer weiß, vielleicht sogar die Sternzeichen in den Teams berücksichtigt – für eine besonders energetische Zusammenarbeit.
Wenn die Mitarbeiter*innen dann am Day One ins Büro kommen, stehen sie vor der großen Tafel mit der neuen Sitzordnung – fast wie bei einer Hochzeitsfeier.
Puh! Vielleicht ist das doch etwas zu viel Automatisierung und Fremdbestimmung. Aber einige dieser Ansätze steigern die Effizienz erheblich und sind längst keine Zukunftsmusik mehr.
Avatare für die Accounting Standards
Nach unserem Ausflug in die Zukunft zurück zu etwas, das heute schon möglich ist. Am Day One gibt es besonders für die Mitarbeiter*innen des Targets viel Neues zu lernen – von der Parkplatz- und Kantinennutzung über die Buchung von Besprechungsräumen bis hin zu den Accounting Standards der Käuferin.
All das könnte man natürlich in einem klassischen How-to-Katalog festhalten. Aber das wäre ziemlich vorgestern. Schon seit Jahren werden Lerninhalte in Videos verpackt, in denen jemand den Stoff einfach nur herunterbetet. Mit KI geht das schon heute deutlich besser.
Lassen wir doch einen Avatar die Inhalte vermitteln. Dank der KI-Erfahrung kann er dabei sogar pädagogische Tricks anwenden, um das Lernen zu erleichtern. Die Digitalisierung eröffnet hier zahlreiche Möglichkeiten. Dokumente und Videos lassen sich durchsuchen oder gezielt den relevanten Zielgruppen zuweisen.
Doch das ist erst der Anfang. Ändert sich eine Kleinigkeit – oder sogar etwas Größeres – kann der Avatar die Inhalte mit nur einem Klick anpassen. Früher musste dafür das gesamte Video neu gedreht und geschnitten werden.
Hier sorgt die KI nicht nur für mehr Effizienz und Effektivität, sondern steigert gleichzeitig auch die Qualität. Das Beste daran, das ist keine Zukunftsmusik – es funktioniert bereits heute. Und wer weiß, vielleicht wird durch die Einbindung unterschiedlicher Personen aus beiden Organisationen bei der Avatar-Erstellung sogar ein wichtiger Schritt zur kulturellen Integration getan.
Kulturelle Unterschiede sichtbar machen
Kulturelle Integration – das Stichwort für unseren nächsten Use Case. Ganz am Anfang der kulturellen Integration – und „Integration“ bedeutet hier nicht Anpassung – steht das gegenseitige Erkennen der Andersartigkeit. Der berühmte Elefant im Raum muss ins Rampenlicht gerückt werden.
Früher setzten wir dafür auf umfangreiche Prozesse. Zunächst Fragebögen, dann deren Auswertung und schließlich Workshops mit gemischten Teams aus beiden Organisationen. Am Ende stand die Visualisierung der kulturellen Unterschiede.
Ein aufwendiger Prozess, der nicht nur viel Zeit kostet, sondern auch erst nach Day One starten kann. Und bei all den wichtigen und dringenden Aufgaben, die nach dem Day One anstehen, musste sich die kulturelle Integration oft hintenanstellen.
Kultur zeigt sich besonders in der Kommunikation – auf der Webseite, in Stellenanzeigen, externen und internen Beiträgen (aka Posts) und sogar in E-Mails. Warum also nicht diese Informationen in eine KI einspeisen und sie die kulturellen Unterschiede analysieren lassen? Das ist längst möglich und wird bereits an anderen Stellen genutzt.
Damit haben wir einen Startpunkt für die Diskussionen über unterschiedliche Kultur in den Teams und mit den Führungskräften – und die kulturelle Integration ist in vollem Gang gesetzt. Ganz ohne tagelangen Aufwand für die Mitarbeiter*innen und vor allem ohne Verzögerung.
Culture Clash Meter
Nachdem wir die kulturellen Unterschiede mithilfe der KI analysiert und anschließend von den involvierten Menschen vergemeinschaftet lassen haben, ist der erste Schritt erfolgreich getan.
Im weiteren Management der kulturellen Unterschiede kommt es vor allem darauf an, zu erkennen, wann Diskussionen in Meetings oder Gesprächen auf das kulturelle Spielfeld wechseln – und dabei ihre Konstruktivität verlieren.
In größeren Meetings setzt man dafür oft Moderatoren ein. Mit ihrer Erfahrung und einem gezielten Briefing verfolgen sie die Diskussionen und greifen ein, wenn diese kulturell aus dem Ruder laufen.
Schon heute protokollieren Bots zahlreiche Meetings. Wenn die KI in der Lage ist, kulturelle Unterschiede zu analysieren, kann sie diese künftig auch direkt in laufenden Meetings erkennen – aktuell vermutlich noch mit etwas Zeitverzögerung.
Jetzt lassen wir die KI einfach einen Indikator berechnen. Je häufiger kulturelle Missverständnisse oder kulturell bedingte Diskussionen auftreten, desto höher steigt der Wert – und nimmt wieder ab, wenn sie seltener werden. Damit entsteht der Culture Clash Meter, der in jedem Meeting, jedem Video-Call und sogar in Telefonaten oder persönlichen Gesprächen eingesetzt werden kann.
Integration Path Optimization
Last but not least. Selbst wenn das Beispiel aus dem Intro heute noch nicht Realität ist, können wir der KI dennoch die Pläne der einzelnen Workstreams, Funktionen oder Teams zur Analyse übergeben. Diese ergänzen wir mit Informationen zu den jeweiligen Themen sowie übergeordneten Meilensteinen.
So lassen sich mithilfe der KI Abhängigkeiten erkennen, die wir bisher manuell herausgearbeitet haben. Die Teams erhalten dadurch wertvolle Impulse für Diskussionen und Interaktion – ein entscheidender Schritt, um zusammenzuwachsen, für den Erfolg der Post Merger Integration.
Was liegt vor uns?
Wie weit sind wir noch davon entfernt, dass die KI nicht nur den Plan für die Post Merger Integration erstellt, sondern auch minutiös vorgibt, was wann zu tun ist – und wer es erledigt? Wie lange wird es dauern, bis sie im nächsten Schritt diese Aufgaben dann direkt selbst übernimmt, ganz wie der Avatar bei der Day-One-Ansprache?
Die Anfrage würde sicherlich einige Stunden, vielleicht sogar Tage laufen – doch was ist das schon im Vergleich zu 100 Tagen Integration oder gar drei Jahren, bis wirklich jede Kleinigkeit erledigt ist?
Noch sind wir von diesem Szenario entfernt. Doch schon heute gibt es zahlreiche Möglichkeiten, KI gewinnbringend in der Post Merger Integration einzusetzen. Die Reifegrade dieser Use Cases sind unterschiedlich, und die möglichen Anwendungsbereiche längst nicht ausgeschöpft.