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Parallele Integration – Hilfe bei Fusionitis

Parallele Integration – Hilfe bei Fusionitis

Warten bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag

„Jetzt starten wir noch nicht mit der Integration. Es stehen noch weitere Add-ons in der Pipeline. In zwei Monaten wissen wir mehr.“ – So oder so ähnlich klingt es derzeit bei vielen CEOs, die auf eine Buy-&-Build-Strategie setzen.

Zwar wurden bereits einige Add-ons akquiriert, doch weitere Übernahmen stehen noch aus. Wenn man jetzt mit der Integration beginnt – wie geht man dann mit den nächsten Akquisitionen um? Die erste Integration ist noch nicht abgeschlossen, und schon steht das nächste Closing bevor.

Eine Möglichkeit wäre, die neue Akquisition parallel in den laufenden Integrationsprozess einzubinden. Oder man lässt das Unternehmen erst einmal in der Warteschleife kreisen. Doch wer früh startet, kann die Impulse künftiger Übernahmen noch gar nicht in den Prozess einfließen lassen.

„Jetzt zu starten, macht ja keinen Sinn.“ Oder? Am Ende wartet man dann doch bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag.

Es ist keine Seltenheit

Buy-&-Build-Strategien sind heute fester Bestandteil vieler Private-Equity-Investments. Kein Wunder – die low-hanging fruits hängen hier besonders tief. Gemeint ist damit jedoch nicht die klassische Multiple-Arbitrage, die früher fast automatisch eintrat: Größeres Unternehmen, höheres Multiple.

Ein sich selbst verstärkender Effekt, der fast wie ein Perpetuum mobile oder ein Taschenspielertrick wirkte. Heute reicht das allein nicht mehr. Um das Multiple zu steigern, braucht es heute eine echte Integration – das Ausschöpfen von Synergien innerhalb der wachsenden Organisation. Ohne gezielten Einsatz von Ressourcen bleibt der gewünschte Effekt aus. Doch trotz des zusätzlichen Aufwands lohnt sich die Investition.

Damit stellt sich die entscheidende Frage: Wann sollte die Integration starten? Und wenn regelmäßig neue Unternehmen hinzukommen – wie lassen sie sich in einen noch laufenden Integrationsprozess einbinden?

Doch nicht nur Buy-&-Build-Strategien führen zu mehrfachen Akquisitionen. Auch klassische Wachstumsstrategien setzen heute sowohl auf organisches als auch anorganisches Wachstum – etwa durch Add-ons, also den Zukauf passender Unternehmen. Und das sind oft mehr als nur eins oder zwei.

Selbst Unternehmen, die keinen aktiven Expansionskurs verfolgen, stehen vor dieser Herausforderung. Die demografische Entwicklung sorgt für zahlreiche Nachfolgegelegenheiten, die sich kaum ignorieren lassen. Wer nicht zugreift, riskiert, dass ein Wettbewerber die Chance nutzt – und sich so einen entscheidenden Vorteil sichert.

Und plötzlich hat man in kürzester Zeit mehrere Unternehmen übernommen – und steht erneut vor der Frage: Wann beginnt die Integration?

Muss man wählen: Pest oder Cholera?

Die Situation ist klar: Die erste Integration läuft bereits, und ein weiteres Target kommt hinzu. Grundsätzlich gibt es zwei Optionen: Entweder wird das neue Unternehmen direkt in den laufenden Integrationsprozess eingebunden, oder die laufende Integration wird erst abgeschlossen, während das neue Target vorerst in der Warteschleife bleibt – bis es in einem zweiten Schritt integriert wird.

So weit, so schwierig. Die parallele Integration erhöht das Tempo, birgt jedoch das Risiko, die Stabilität im Prozess zu gefährden.

Ein kritischer Punkt kann zum Beispiel die Unternehmenskultur sein. Schon beim ersten Target gab es erhebliche Unterschiede zum Käufer: „Wir duzen uns.“ gegenüber „Wir nicht.“ Nun kommt ein dritter Player hinzu – mit einer völlig anderen Kultur. Beim dritten in der Runde stehen klare Verantwortlichkeiten und Hierarchien im Fokus, unabhängig davon, ob man sich duzt oder siezt.

Im ursprünglichen Integrationsprozess ließen sich kulturelle Differenzen noch gut managen – sie betrafen nur eine Dimension. Doch mit einem weiteren Unternehmen steigt die Komplexität: Wer vertritt welche Kultur? Und in welche Richtung soll sich die gesamte Organisation entwickeln?

Setzt man auf Stabilität nicht aufs Spiel und zieht die Integration des zweiten Targets erst später nach, gehen aber wertvolle Chancen verloren.

Ein Beispiel: Im Rahmen der Integration wird die gesamte IT-Applikationslandschaft überprüft. Aktuell fällt es den Beteiligten schwer, sich für ein Manufacturing Execution System (MES) – dem Nachfolger des Produktionsplanungssystems – zu entscheiden. Weder die Lösung des Käufers noch die des ersten Targets ist ideal. Doch eine Entscheidung muss her, damit die Integration voranschreiten kann. Also bleibt man bei der Variante des Käufers.

Das zweite Target hingegen hat erst vor einem Jahr ein integriertes MES erfolgreich implementiert. Es verfügt über wertvolle Betriebserfahrungen und identifizierte Optimierungen. Und das alles sauber und ordentlich dokumentiert; wir erinnern uns, das waren die mit den klaren Strukturen und Hierarchien.

Hätte man diese Erfahrung frühzeitig einfließen lassen, hätte das System noch weiter verbessert und zur optimalen Lösung entwickelt werden können. Doch mit dem sequenziellen Vorgehen ersetzt die zuvor gewählte suboptimale Lösung des Käufers die eigentlich bessere Alternative. Immerhin wurde bereits viel Zeit und Geld in die Migration investiert – eine erneute Anpassung erscheint kaum realistisch.

Mehr Stabilität – auf Kosten von Geschwindigkeit und Qualität.

Die Wahl zwischen paralleler Integration – mit höherem Tempo und mehr Optionen, aber weniger Stabilität – und sequenzieller Integration ist alles andere als trivial. Und selbst wenn die Entscheidung gefallen ist, bleibt die Integration ein Drahtseilakt.

Mit Playbook parallelisieren

Eine klassische Buy-&-Build-Strategie erleichtert die Entscheidung: Ein solides Plattformunternehmen mit stabilen, effizienten Prozessen dient als Basis, um einen stark fragmentierten Markt durch Zukäufe kleinerer Unternehmen zu konsolidieren. Das Zielbild – das Target Operating Model – wird einfach vom Plattformunternehmen übernommen.

Mit einem Playbook, das die einzelnen Schritte der Integration klar definiert, lassen sich mehrere Targets parallel und ohne unnötige Risiken integrieren. Zudem können Prozesse zeitlich versetzt starten. In einem solchen Playbook sind – thematisch oder funktional gegliedert – die Ziele und die dafür erforderlichen Maßnahmen beschrieben.

Durch sorgfältige Vorbereitung oder dokumentierte Erfahrungen aus früheren Integrationen lassen sich auch Zeitrahmen, Abhängigkeiten, Prioritäten und Meilensteine festlegen. Solche Meilensteine – die sich auch gezielt für interne Kommunikation oder besondere Events nutzen lassen – sind beispielsweise ein abgeschlossenes Rebranding, der Start der Produktion oder die Gewinnung neuer Kunden.

Eines meiner persönlichen Lieblingsbeispiele ist Mister Car Wash, eine US-amerikanische Kette von Autowaschstraßen. Mister – wie sich das Unternehmen selbst liebevoll nennt – wächst nahezu ausschließlich durch die Akquisition einzelner Waschstraßen oder kleinerer Ketten. Jede Integration folgt einem einheitlichen Playbook, das vom Umbau der neuen Standorte bis zur Mitarbeiterschulung in der unternehmenseigenen Academy reicht.

Ähnliche Playbooks finden sich auch bei (Re)Openings von Hotels. Neben dem Playbook selbst stehen dort oft spezialisierte (Re)Opening-Teams bereit, um das lokale Team in der Anfangsphase zu unterstützen. Dieser Support reicht von inhaltlichen Aspekten – das (Re)Opening-Team kennt das Zielbild und das Playbook in- und auswendig – bis hin zu zusätzlichen helfenden Händen für unerwartete Herausforderungen.

Gerade ein klar strukturierter Fahrplan schafft Raum, um auf die Besonderheiten der einzelnen Targets einzugehen. Immer wieder gibt es wertvolle Best Practices, die sich für die gesamte Gruppe übernehmen lassen. Diese werden dann ausgerollt und das Playbook entsprechend aktualisiert.

Denn diese Playbooks sind nicht in Stein gemeißelt. Sie werden regelmäßig überarbeitet – nicht grundlegend umgekrempelt, aber stets um die Erfahrungen aus den letzten Integrationsprozessen ergänzt.

Ohne Playbook – einfach zuhören

Wie sieht es am anderen Ende der M&A-Skala aus? Wenn weder ein Playbook noch umfangreiche Erfahrung mit Post Merger Integration vorhanden ist? Wenn das Zielbild der neuen Organisation nicht von Beginn an feststeht, sondern erst im Prozess entwickelt wird? Kann man dann ein weiteres Target sinnvoll in den laufenden Integrationsprozess einbinden?

Klar geht das. Schließlich gibt es regelmäßige Status- oder Steering-Committee-Meetings – Termine, in denen die Ergebnisse der laufenden Integration den relevanten Stakeholdern präsentiert werden. Hier wird diskutiert, ob es in Zukunft die gelbe oder die grüne Variante sein wird. Vertreter des neuen Targets sollten frühzeitig in diese Runden eingebunden werden. Sie sind relevante Stakeholder.

Die bereits getroffenen Entscheidungen zum Zielbild werden für das neue Target zunächst nicht direkt umgesetzt – das kann in einer zweiten Phase erfolgen. Doch ihr wertvoller Input kann schon früh berücksichtigt werden. Dieses Vorgehen hat zwei große Vorteile.

Zum einen fühlt sich das neue Target von Anfang an eingebunden. Seine Erfahrung und Expertise fließen in den Prozess ein, statt ignoriert zu werden. Gleichzeitig bleibt es nicht außen vor, sondern erhält direkten Einblick, wohin sich die Organisation entwickelt. So entsteht Transparenz im Integrationsprozess.

Zum anderen gehen wichtige Impulse des neuen Targets für strategische Entscheidungen nicht verloren. Denken wir an das Beispiel von oben. Bei der Wahl eines Manufacturing Execution Systems (MES) ist man nicht länger auf zwei suboptimale Varianten beschränkt. Stattdessen bringt das neue Target möglicherweise eine überlegene Lösung mit ein – die dann in die zukünftige IT-Applikationslandschaft integriert wird.

Vielleicht ergeben sich auf diesem Weg sogar zusätzliche interne Ressourcen. Anstatt teure Interimsmanager einzusetzen, können ungenutzte Kapazitäten des neuen Targets für den Integrationsprozess genutzt werden. Das spart nicht nur Kosten, sondern schafft auch direkte Berührungspunkte, die das Zusammenwachsen der Organisationen ermöglichen.

Es gibt immer einen Day One

Auch wenn die Integration des neuen Targets zeitlich nach hinten verschoben wird – der Day One findet trotzdem statt. Er markiert den Tag nach dem Closing, an dem der Käufer die vollständige Kontrolle über das neue Target übernimmt. Und an diesem Tag erwarten die Mitarbeitenden des neuen Targets neben der Begrüßung und eloquenten Ansprache des CEOs vor allem Orientierung. (Im letzten Artikel habe ich dazu meine Erfahrungen und Gedanken geteilt.)

Unabhängig davon, ob das neue Unternehmen sofort in den laufenden Prozess eingebunden oder erst später integriert wird – dieses entscheidende Ereignis darf nicht übergangen oder nur halbherzig gestaltet werden. Es verdient die gleiche Sorgfalt in der Vorbereitung und die gleiche Ernsthaftigkeit in der Durchführung.

Die Lösung? Fast egal

Wie so oft im Leben gibt es keine perfekte Lösung – vor allem dann nicht, wenn diese Bewertung bereits im Vorfeld durchgeführt werden muss. Doch die beiden hier beschriebenen Extremfälle liefern Orientierung und Anhaltspunkte für die eigene konkrete Situation.

Viele Wege führen nach Rom – und ebenso zur neuen, schlagkräftigen integrierten Organisation. Wichtiger als die perfekte Wahl ist es, eine klare Entscheidung zu treffen und konsequent den gewählten Weg zu verfolgen. Denn wer den Start der Integration bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag hinauszögert, verliert wertvolle Zeit.

Solange man dem neuen Target nicht ein Integration zweiter Klasse zugesteht, die neuen Mitarbeitenden transparent und authentisch informiert werden und sie so weit eingebunden sind, wie es die Situation zulässt – wird alles gut.

Und wenn es noch nicht gut ist, dann ist die Integration noch nicht zu Ende.

19. März 2025 – PMIspective – Parallele Integration: Wirksame Erfolgsrezepte bei Fusionitis – PMI-Expertentalk

19. März 2025 – PMIspective – Parallele Integration: Wirksame Erfolgsrezepte bei Fusionitis – PMI-Expertentalk

Die Übernahme ist verkündet. Jetzt beginnt das wahre Abenteuer: die Integration. Doch kaum hat das erste Team die Ärmel hochgekrempelt, klopft schon das nächste Unternehmen an die Tür. Willkommen zur Königsdisziplin der PMI: der parallelen Integration. 🎢

Plötzlich gibt es doppelt so viele unterschiedliche Prozesse, inkompatible IT-Systeme und Unternehmenskulturen, die sich gegenseitig argwöhnisch beäugen. Während die einen noch überlegen, ob sie duzen oder siezen, diskutieren die anderen, ob Fax oder Brieftaube das bevorzugte Kommunikationsmittel ist. 📠🕊

Kann das gutgehen? Ja – wenn man weiß, wie.

In dieser PMIspective sprechen wir darüber wir, wie man zwei (oder mehr!) Integrationen gleichzeitig steuert, ohne dass alles implodiert. Mit unseren besten Anekdoten, erprobten Strategien und echten Best Practices diskutieren wir in unserer Expertenrunde, worauf es wirklich ankommt, wenn eine Fusion die nächste jagt.

📆 19. März 2025
🕐 13:00 – 13:40 Uhr
🌎 PMIspective-Link

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Schade, aber schon am 23. April gibt es die nächste PMIspective. Save the date!

Über PMIspective

Integration am Day One

Integration am Day One

Absolute Funkstille

„Nach dem Closing haben wir sechs Monate nichts von unserem neuen Eigentümer gehört.“ – Statt Feierlichkeiten am Day One herrschte in diesem Unternehmen endloses Warten. Seit ich diese Geschichte vor ein paar Jahren von einem CEO gehört habe, führt sie meine persönliche Liste der größten Day-One-Fauxpas mit großem Abstand an.

Der Geschäftsführer dieses Unternehmens stand vor einer enormen Herausforderung. Auf der einen Seite fehlten ihm aufgrund der absoluten Funkstille jegliche Informationen zur Vision, Strategie und zu den Zielen des neuen Eigentümers. Auf der anderen Seite musste er die Erwartungen der Mitarbeitenden erfüllen, ihnen etwas erzählen und die Stimmung aufrechterhalten. Hinzu kamen externe Stakeholder, die ebenfalls Informationen benötigten. Und als wäre das nicht genug, musste der Geschäftsbetrieb weiterlaufen – schließlich trug er auch dafür die Verantwortung.

Wie gestaltet man den Day One richtig? Was sollte man tun? Was wird erwartet? Genau mit diesen Fragen befassen wir uns in diesem Artikel.

Wann ist Day One?

Der berühmte Day One – doch wann ist er eigentlich? Im Kaufvertrag ist er selten fest terminiert. Auch das Closing, also der formale Abschluss der Transaktion, kann in der Regel nicht im Voraus festgelegt werden. Erst müssen die verschiedenen Closing Conditions erfüllt sein – dazu gehören fast immer auch Genehmigungen externer Aufsichtsbehörden. Manchmal ist dieser Prozess schnell abgeschlossen, oft zieht er sich über Wochen oder gar Monate hin.

Mit dem Closing erfolgt der wirtschaftliche und rechtliche Übergang vom Verkäufer an den Käufer. Der Käufer übernimmt die vollständige Kontrolle über das Target. Für beide Organisationen beginnt eine neue Ära. Der Day One ist der erste Tag der neuen Zeit.

Day One, ein Tag wie jeder andere?

Was macht diesen Tag so besonders? Oft fällt er auf den Ersten eines Monats, aber manchmal liegt er auch mittendrin. Zugegeben, ein Neuanfang ist immer etwas Besonderes. Aber braucht es wirklich so viel Aufmerksamkeit?

Stellen wir uns einen neuen Mitarbeiter an seinem ersten Arbeitstag vor. Für ihn ist dieser Tag zweifellos bedeutend. Wenn es sich dabei um den neuen CEO handelt, der eine große Transformation einleiten soll, ist der Tag auch für die gesamte Belegschaft nicht mehr „wie jeder andere“.

Der neue Mitarbeiter erwartet eine Begrüßung – vielleicht keinen Blumenstrauß oder Sektempfang, aber zumindest Orientierung. Wo befindet sich sein Büro? Welche Arbeitsgeräte stehen zur Verfügung? Welche Aufgaben warten auf ihn? Er möchte schnell loslegen und die Unsicherheit aus dem Weg räumen.

Nun übertragen wir diese Situation auf eine gesamte Belegschaft – 50, 100, 500 oder gar 1000 Menschen. Ihre Erwartungen sind ähnlich: ein herzliches, ernst gemeintes Willkommen, klare Orientierung und ein Gefühl der Sicherheit. Sie stellen sich viele Fragen: Was passiert jetzt? Was bedeutet das für das Unternehmen, meine Abteilung, meinen Vorgesetzten, meine Kolleginnen und Kollegen – und für mich persönlich?

Willkommen am Day One – dem Tag der hohen Erwartungen.

Das Day One Multitool

Ich habe noch niemanden getroffen, der diese Erwartungen bewusst nicht erfüllen wollte. Den Käufer aus der Einleitung habe ich ehrlicherweise nie kennengelernt.

Es gibt kein Patentrezept, das garantiert, dass am Day One alles perfekt funktioniert. Doch es existiert ein umfangreicher Werkzeugkasten, aus dem man sich bedienen kann. Dafür muss man jedoch verstehen, was den beteiligten Organisationen wichtig ist und welche Anforderungen der Post Merger Integration zusätzlich erfüllt werden müssen.

Mitarbeitende brauchen Orientierung und Sicherheit. Das bedeutet: Sie müssen informiert werden – und zwar klar, konsistent und authentisch. Dazu dient die Integration Story. Sie beantwortet zentrale Fragen. Wer sind wir (als Käufer)? Welche Strategie verfolgen wir? Wie sehen wir das Target? Welche Erfolge des Targets sind für uns wichtig? (Stichwort Wertschätzung und Anerkennung) Welche Ziele verfolgen wir mit der Akquisition? Wie sieht unsere gemeinsame Zukunft aus? Wie wollen wir die Integration gestalten?

Zugegeben, das sind eine Menge Punkte. Aber mal im Ernst, die sollten eigentlich bereits vor dem Signing feststehen. Am Day One gilt es, sie in klare und verständliche Botschaften zu verpacken.

Der Day One ist der perfekte Zeitpunkt, um die Leitlinien für die gesamte Integration zu kommunizieren. Die Botschaften müssen wohlüberlegt, einfach, verständlich und umsetzbar sein. Natürlich sollten sie regelmäßig wiederholt werden – aber gerade beim ersten Mal müssen sie sitzen.

Der Zauber des Day One

Jeder Neuanfang hat seinen eigenen Zauber. Der Day One kennzeichnet auch den Startschuss der Integration. An diesem Tag ist die Gelegenheit, das Momentum des Neuen zu nutzen, um daraus die Energie für die Transformationsphase der nächsten Monate zu erzeugen.

Zusätzlich bietet sich hier die Möglichkeit, erste Berührungspunkte zwischen den Organisationen und ihren Mitarbeitenden zu schaffen. Diese Begegnungen sind der Katalysator für das Zusammenwachsen der Teams – und damit für eine erfolgreiche Integration. Am Day One gilt es, solche Berührungspunkte bewusst zu erzeugen.

Das Welcome Paket

Kleine Geschenke erhalten nicht nur die Freundschaft, sondern erleichtern auch den Start in eine neue Unternehmensphase. Ein durchdachtes Welcome Paket ist mehr als nur Notizblock und Kugelschreiber mit dem neuen Logo – es drückt Wertschätzung aus und schafft eine Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit.

Das könnte zum Beispiel ein persönlicher Brief des neuen CEOs. Nicht zu lang, aber authentisch, mit klaren Worten – und einer handschriftlichen Unterschrift. Das macht viel Arbeit, signalisiert aber echte Wertschätzung. Wenn bereits ein Rebranding entschieden ist, können auch neue Visitenkarten ein starkes Zugehörigkeitsgefühl schaffen. Wie gehe ich aber mit denen um, die nicht mit auf die Reise kommen? Wie kommuniziere ich das ehrlich authentisch und verträglich?

Die Q&A Seite

Eine Q&A-Seite im Intranet hilft, zentrale Botschaften zu verankern und gibt Mitarbeitenden die Möglichkeit, Informationen nachzulesen. Welche Fragen könnten sie haben? Welche Antworten lassen sich bereits geben?

Auch wenn noch nicht alle Details geklärt sind, können offene Fragen gesammelt und zu gegebener Zeit beantwortet werden. Eine zusätzliche Möglichkeit ist eine Hotline – ein E-Mail-Postfach oder ein internes Forum, an das Mitarbeitende ihre Fragen senden können. Wichtig ist, dass die Antworten zeitnah erfolgen und relevante Fragen in die Q&A aufgenommen werden.

Die gute alte Roadshow

In Zeiten von Homeoffice könnte man versucht sein, den Day One einfach virtuell abzuhalten. Der neue CEO könnte bequem aus dem Büro oder sogar vom heimischen Sofa aus eine Ansprache halten. Theoretisch möglich – praktisch aber keine gute Idee. Welche nonverbale Botschaft würde das an die neuen Mitarbeitenden senden? Sicherlich keine, die Wertschätzung oder echtes Interesse ausdrückt.

Präsenz zählt. Am Day One vor Ort zu sein und erlebbar zu sein, macht einen wesentlichen Unterschied. Es zeigt, dass der neue Eigentümer die Integration ernst nimmt und bereit ist, in persönliche Begegnungen zu investieren. Doch was tun, wenn das Target mehrere Standorte hat?

Hier hilft sicher eine Videoübertragung, damit wirklich alle Mitarbeitenden den Day One direkt miterleben. Natürlich wissen die Beschäftigten, dass sich der CEO nicht klonen kann. Aber es gibt eine Alternative. Weitere Vorstands- oder Geschäftsführungsmitglieder könnten an anderen Standorten präsent sein. Auch Führungskräfte aus der Käuferorganisation können diese Rolle übernehmen – und so wichtige persönliche Berührungspunkte schaffen.

Doch mit dem Day One allein ist es in dieser Situation nicht getan. Am Tag danach beginnt die Roadshow – eine Tour zu den weiteren Standorten. Ja, das ist anstrengend. Und ja, nach der fünften oder neunten Rede mag es sich wiederholen. Aber genau das gehört zur Aufgabe eines CEOs in der Post Merger Integration. Es gibt keine Entschuldigung dafür, diesen persönlichen Kontakt zu vernachlässigen.

Merger of Equals – eine gute Nachricht?

Ein Merger of Equals klingt zunächst nach einem fairen und ausgeglichenen Prozess. Sollte das nicht auf allen Seiten positive Reaktionen hervorrufen? Doch ist das wirklich der Fall?

Wenn zwei ebenbürtige Unternehmen zusammengeführt werden, ist keine der beiden Organisationen in Führung. Niemand gibt eindeutig den Ton an. Das bedeutet, Alles steht infrage – in beiden Unternehmen. Wer einen solchen Prozess schon einmal erlebt hat, weiß, wie viel Unsicherheit das bei den Mitarbeitenden in beiden Organisationen auslöst.

Doch wie lässt sich mit dieser Unsicherheit umgehen? Am Day One sind viele Fragen noch offen. Wie wird die künftige Organisation aussehen? Welche Abteilungen bleiben bestehen? Wer übernimmt welche Führungsrolle? Und oft ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal der Abstimmungsprozess mit dem Betriebsrat abgeschlossen.

Die Lösung ist anspruchsvoll und zugleich simpel: Ehrlichkeit und Transparenz. Wenn bestimmte Entscheidungen noch nicht getroffen oder final abgestimmt sind, sollte genau das offen kommuniziert werden. Statt vager Beruhigung hilft eine klare Ansage. Der Prozess mit dem Betriebsrat ist noch nicht abgeschlossen. Wir führen in den kommenden Tagen Gespräche und informieren euch, sobald es Neuigkeiten gibt.

Mitarbeitende erwarten nicht sofort fertige Lösungen – aber sie erwarten Verlässlichkeit in der Kommunikation. Und die beginnt mit Ehrlichkeit.

Jenseits von Kommunikation und Führung

Es gibt Situationen, die eine zusätzliche Komplexitätsstufe mit sich bringen – insbesondere dann, wenn das Target nicht mehr voll funktionsfähig ist. Das ist zum Beispiel bei einem Asset Deal mit Mitarbeiterübernahme im Rahmen einer Insolvenz oder bei einem Carve-out, bei dem wesentliche Funktionen erst neu aufgebaut werden müssen, der Fall.

In solchen Fällen stellen sich existenzielle Fragen. Wer stellt sicher, dass Löhne und Gehälter pünktlich gezahlt werden? Ist das Supply Chain Management funktionsfähig, damit Rohstoffe für die Produktion bestellt werden können?

Diese Herausforderungen müssen bereits im Vorfeld gelöst werden. Dabei steht in der Regel auch die Verkäuferseite unterstützend zur Verfügung. Doch diese Vorbereitungsphase darf nicht unterschätzt werden – hier entscheidet sich, ob der der gemeinsame Start gelingt oder im Chaos endet.

Am Day One sollte alles Wesentliche geklärt sein. Gerade in solchen Szenarien ist klare Kommunikation entscheidend, denn die Unsicherheit der Mitarbeitenden ist in diesen Fällen oft besonders groß. Natürlich wird es immer unerwartete Probleme geben. Doch entscheidend ist, dass sie schnell erkannt und konsequent – vor allem im Sinne der Mitarbeitenden – gelöst werden.

Was kommt nach dem Day One?

Nach dem Day One ist immer noch vor dem Erfolg. Die Arbeit geht weiter. Die Integration muss aktiv gesteuert und konsequent vorangetrieben werden. Dranbleiben lautet die Devise, denn nur so lässt sich der langfristige Erfolg der Transaktion sicherstellen.

Der Day One ist der erste Tag einer neuen Ära. Aber ist er auch der wichtigste? Das lässt sich heute noch nicht sagen. Sicher ist nur eines: Er ist entscheidend.

Jede Transaktion ist anders. Es gibt keine One-Size-Fits-All-Lösung für den Day One. Doch eines gilt immer:

Am Day One hören alle besonders aufmerksam zu – nicht nur mit den Ohren, sondern auch mit den Augen.

In diesem Moment zählt vor allem Führung und Kommunikation.

Ich persönlich bin ein klarer Verfechter von Transparenz und Ehrlichkeit. Natürlich gibt es Situationen, in denen noch nicht alles offengelegt werden kann – etwa wenn das finale Okay des Betriebsrats noch aussteht. Doch alles, was gesagt werden kann, sollte auch gesagt werden. Denn Vertrauen entsteht nicht durch Perfektion, sondern durch klare und verlässliche Kommunikation.